Dass Eltern ihre ungeborenen Kinder mit Down-Syndrom abtreiben wollen, ist nicht das entscheidende Problem, glaube ich. Sondern dass sie dazu förmlich gedrängt werden, wie Julia es so schön beschreibt (dies ist ein Bezug zu Julias Kommentar vom vorherigen Post). Natürlich ist das aus kostentechnischen Gründen verständlich. Denn Menschen mit Down-Syndrom verursachen nun mal Mehrkosten. Aber alte Menschen und kranke Menschen verursachen auch Kosten, werden aber nicht gleich getötet. Sondern für unglaublich viel Geld bis an ihr Lebensende versorgt, ja sogar bis darüber hinaus, denn wie schwer ist es nicht absurderweise für manche totkranken Menschen, sterben zu 'dürfen', obwohl sie und alle Angehörigen es wollen. Hier wird den Ärzten die Sterbehilfe untersagt, beim Fall des ungeborenen Kostenträgers hingegen ans Herz gelegt. Warum? Weil die alten und kranken Menschen mal gesund waren und viele Angehörigen haben, die im Zweifel klagen könnten? Und weil ein ungeborenes Kind mit Down-Syndrom niemanden hat, der sich für seine Rechte einsetzt. Keine Lobby! Leider!
Aber lebende Kinder mit Down-Syndrom haben eine Lobby, sie haben Eltern, die für sie und ihre Rechte kämpfen. Die den anderen zeigen, dass sie Teil unserer Gesellschaft sind, dass sie dazugehören. Dafür müssen wir wohl oder übel kämpfen in Deutschland, gerade was die Teilhabe an Bildung und dem ersten Arbeitsmarkt angeht. Das können wir aber auch immer wieder nur demonstrieren, indem wir unsere Kinder in die Öffentlichkeit schleppen und allen zeigen, wie normal sie sind. Berührungsängste abbauen, wie das Bens Mama so schön schreibt. Indem wir immer und überall für 'Berührung' sorgen, das scheinbar 'andere' zeigen und damit zeigen, dass es gar nicht so 'anders' ist.
In den letzten Wochen war ich viel mit den Kindern unterwegs, draussen, am See, in den Parks. Mehrmals jetzt schon campen, am Strand. Und Lola natürlich immer mitten dabei, Dreck verschmiert, lachend, auch mal brüllend, oder die anderen Leute mit ihren Charme-Attacken attackierend. Die Leute schauen eigentlich fast nie komisch, meist reden sie mit ihr wie mit jedem anderen Kind. 'Entschuldige bitte, aber ich muss dir die Schaufel jetzt leider wegnehmen. Wir gehen, weisst du? Ist das ok?' Und Lola guckt interessiert, ich weiss nicht, was sie versteht, aber sie gibt die Schaufel (oder auch nicht) und spielt weiter... Ich weiss nicht, ob die Leute sehen, dass sie Down-Syndrom hat. Ich glaube, meistens schon, denn manchmal sprechen mich Leute an, weil sie auch ein Kind mit Down-Syndrom in der Verwandtschaft haben. Also muss man es ja irgendwie sehen (ich sehe es nicht mehr). Aber die meisten Leute, selbst wenn wir uns unterhalten, erwähnen das Thema nicht, fragen nichts, wirken aber auch nicht verunsichert. Ich weiss nicht, was sie denken. Frage mich das aber auch nicht mehr. Wahrscheinlich sind die Leute einfach froh zu sehen, wie normal das alles ist, wenn sie denn überhaupt etwas denken.
Wie wichtig wäre es, auch an Orten wie der Schule und am Arbeitsplatz mehr solcher Berührungen zu ermöglichen. Damit wir weg kommen von der Unterscheidung, normal-anders. Unsere Kinder sind 'anders', weil sie ausgegrenzt werden und nicht dazu gehören, zum normalen Leben. Denn sind sie nicht auch einfach nur 'normale' Menschen? Menschen, die etwas langsamer sind, sich langsamer und schwerfälliger bewegen, schneller die Aufmerksamkeit verlieren, nicht so gut hören können, deswegen Probleme mit dem Sprachverständnis haben. Menschen, deren Wahrnehmung verändert ist und die deswegen Probleme haben, so wie andere zu lernen. Die aber genauso das Streben nach Selbständigkeit haben und auch nach Teilhabe an der Gesellschaft. Die sie selber sein wollen und trotzdem dazu gehören.
Und das tun sie auch. Und wir werden ihnen dabei helfen. Ihnen zu sich selber helfen. Mitten drin. Auswandern wäre keine Lösung. Ran an die Arbeit!
Great post. I hope that more people will see the beauty in our children and learn from us that a diagnosis of Down syndrome isn't all that different. I get very upset that people would abort a baby with Ds based on cost. What about people who develop cancer later in life or people who can't find work and aren't being "productive" to society. Are they not worthy to live?
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