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Samstag, 1. August 2009

Bildungsinitiative für Inklusion

In Deutschland sind wir froh über die UN-Behindertenrechtskonvention. Ein Meilenstein auf dem Weg zu inklusiver Bildung, sagen viele. Kein schlechter Anfang, würde ich sagen. Eine sicher wohlgemeinte Erklaerung. Aber bisher ohne Konsequenzen. Erst dann wird sich wirklich etwas ändern, wenn sich die Regierung 'Inklusive Bildung' auf ihre Fahnen schreibt. Wenn die Schulgesetze ALLER Laender geändert worden sind. Wenn entsprechende Bundesgesetze in Kraft getreten sind. Bis dahin ist es ein weiter Weg.

Wenn ich auf den Seiten des Bildungsministeriums nachschaue, finde ich inklusive Bildung nirgends als eines der erklärten Ziele. Wundert es da, wenn sich nichts ändert? Muessen wir tatsächlich an jeder Schule für jedes Kind einzeln streiten? Kann das sein? Ist das wahr? In Deutschland, im Jahr 2009? In einem zivilisierten Rechtsstaat mit gleichen Menschen- und Bürgerrechten für alle, oder doch nur fast alle?

In der letzten Leben mit Down-Syndrom ist ein schöner Artikel erschienen 'Was tun für inklusive Bildung?' Er ruft auf, sich öffentlich über Unterschriftenlisten für 'Inklusive Bildung' einzusetzen. Eine ganz wichtige Initiative. Denn sie will Druck machen auf die Öffentlichkeit. Ausgehend von der Annahme, dass sich der Paradigmenwechsel auf der gesellschaftlichen Ebene vollziehen muss. Nur so entsteht der nötige politische Druck, um Gesetze zu ändern!!!

Aber ich glaube, dass sich erst dann wirklich etwas ändern wird, wenn sich die Gesetze ändern. Dann erst wird sich die gesellschaftliche Realität und damit auch das Bewusstsein der Menschen ändern. Wenn ich mir das Beispiel Spanien anschaue: hier war es ein Bundesgesetz aus dem Jahre 1982, das den Anstoss gegeben hat für ein integratives Bildungssystem. Das sogenannte LISMI, 'Ley de la Integracion Social de los Minusvalidos', 'Gesetz zur sozialen Integration behinderter Menschen'. 1985 folgte eine Ministerialanordnung zur besonderen Bildung und in den folgenen Jahren wurden schrittweise die Ländergesetze angepasst. Der Anstoss kam aber von ganz oben, vom Bildungsministerium.

Sollte man also nicht direkt im Bildungsministerium oder im Ministerium für Arbeit und Soziales Druck machen? Muss man den langen Weg über die Öffentlichkeit gehen? Ist es überhaupt möglich, die Mehrheit für inklusive Bildung zu gewinnen? Ich erinnere mich an eine kleine Online-Umfrage einer Zeitung aus Baden-Württemberg, neben einem Artikel über einen Jungen mit Down-Syndrom, der keine Regelschule besuchen durfte. 'Befürworten Sie die integrative Schule?' Ich habe sofort ja angeklickt, bevor ich das bisherige Ergebnis angezeigt bekam: 85% aller Leute hatten für NEIN gestimmt! Das sind die derzeitigen Mehrheiten. Und all den Leuten sollen wir Eltern erstmal den Kopf waschen? Das kann nicht klappen! Da können wir uns die Finger wundschreiben.

Die Gesetze muessen geändert werden!!! Wie können wir so effizient wie möglich auf die Bundesregierung und die Ministerien Druck ausüben? Das ist die Frage!

5 Kommentare:

  1. Das Ergebnis von 85%(!!!!) ist erschreckend. Da wird mir echt schlecht. Wieso ist das nur so?
    Ich schreibe ja grad meine Bachelorarbeit auch über Integration, was sich da an Gesetzen so auftut...traurig traurig. Aber ich denke, bevor es an die Schule geht, müsste erstmal der integrative Elementarbereich ausgebaut werden. So könnten die Kinder als auch die Eltern von Anfang an damit umgehen lernen. Aber auch dahin ist es noch ein weiter Weg. Aber ich habe große Pläne - für nach dem Studium ;o)
    Liebe Grüße
    Eva, die ihren (nichtbeeinträchtigten) Sohn einfach in eine integrative Kita steckt. Tz!

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  2. liebe Eva,

    das ist ja ein superinteressantes thema, ueber das du deine bachelorarbeit schreibst. die wuerde ich wirklich gerne lesen, wenn sie fertig ist.

    deine idee, erstmal den kitabereich auszubauen, finde ich auch sehr gut. da kann man noch viel machen. aber im prinzip gibt es ja integration in diesem bereich, nicht in allen kindergarten, aber in sehr vielen. erst ab dem schulpflichtigen alter gibt es kaum noch integration, weil da plötzlich der staat seine finger drauf hat und die förderschule aufrechterhalten will. und damit die ausgrenzung von menschen, die nicht ins system passen.

    das ist schon immer so gewesen, in der nazizeit extrem und seitdem hat sich nichts daran geändert. und wir denken, dass das so normal ist. furchtbar ist es! und geht man in jedes beliebige andere europäische land, merkt man, das es überhaupt nicht so sein muss.

    und die leute bei uns sind so, weil noch keine bundesregierung versucht hat, daran was zu ändern. und es noch keinen martin luther king der behinderten bewegung bei uns gab und überhaupt keine behindertenbewegung. aber bald....

    liebe grüsse und viel erfolg beim schreiben!
    amelie

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  3. Liebe Amelie,
    das stimmt wohl, dass im Elementarbereich im integrativen Bereich wesentlich mehr getan wird als nachher in der Schule. ABER ich denke, man kann in Deutschland keinen Cut machen und mal eben mit einer flächendeckenden integrativen Beschulung beginnen. Ich ärger mich sehr oft über die Bildungspolitik, die mal eben beschließt, dass es in S-A plötzlich ein 13. Schuljahr geben muss, was ratzfatz eingeführt wird. Wir hatten dann anfang der 11. immernoch keine Lehrpläne und haben Däumchen gedreht... Da geht sowas Knall auf Fall - aber mit welchen Folgen. Ein paar Jahre später wurde das 13. Schuljahr wieder gekippt. Logisch!
    Man müsste den kompletten Bildungsbereich (inkl. Kita, die ja da mit reinzählt) grundlegend verändern. Also ab einem bestimmten Jahr "unten" starten und alles integrativ auslegen und diese Kinder dann später auch gemeinsam beschulen. Integration in den Köpfen muss hier wirklich noch wachsen. Wenn man da in andere Länder schaut, wo das sooo super klappt, versteh ich nicht, warum das gerade hier SO verbohrt ist.
    Ich sehe grad, du kommst aus Leipzig. Da studiere ich ja ;o) Mein Ziel ist es nach dem Studium dort in Richtung Frühpädagogik etwas auf die Beine zu stellen. Ich bewahre jetzt mal einfach noch ganz naiv meine Ideale Jetzt im Rahmen meiner Arbeit konnte mir da niemand so richtig Tipps geben, weil sich die Dozenten alle erst mit Schule aufwärts beschäftigen. Kennst du vielleicht Prof. Dr. Saskia Schuppener? Sie ist ja eine vehemente Verfechterin der Inklusion und kommt nun aus der Elternzeit zurück. Sie wird ja nun vorerst in Leipzig bleiben. Hoffen wir mal, dass sie dort viel bewegt!!!
    Liebe Grüße
    Eva

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  4. Liebe Eva,

    du studierst in leipzig? Das ist ja cool. Dann muessen wir uns mal treffen!

    Aber zeigt nicht gerade die Tatsache, dass so mal eben ein 13. Schuljahr eingefuehrt werden kann und dann wieder abgeschafft wird, dass ein Cut moeglich ist, wenn er denn politisch gewollt ist? Es bleiben ja auch Kinder sitzen und werden dann in neue Klassen integriert. Da koennte man auch Kinder einer Foerderschule integrieren, wenn man es denn will. Man koennte aber auch von unten anfangen, alles besser, als so wie es ist.

    Ich kenne Frau Prof. Schuppener nicht. Werde aber mal recherchieren. Das ist ein sehr guter Typ. Mal schauen, was sich in Leipzig bewegen laesst.

    Liebe Gruesse

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  5. Genau das wollte ich damit sagen ;o) Es geht! Aber eben leider meist mit negativem Ausgang, weil alles raschrasch und unüberlegt gemacht wird. Da müssen schon neue Konzepte her. Integrationsschüler können ja nun nicht einfach so in die Klasse mit 28 anderen Schülern und einer einzigen Lehrperson gesteckt werden. Zumindest nicht, wenn man auch Kinder mit schwereren Beeinträchtigungen integrieren will. Da brauch es schon einiges an Umstrukturierung, Organisation, Weiterbildungen, Zusatzpersonal und -material usw.
    Das ist alles kostenintensiv, für sowas haben "wir" kein Geld. Stattdessen wird es an anderen Stellen zum Fenster herausgeworfen!!! Von der Ablehnung der Förderpädagogen an den Förderschulen habe ich auch schon gehört. Aber da wäre mein Vorschlag, einfach auch die Fördereinrichtungen (auch Kitas) für die Integration zu öffnen und auch nichtbehinderte Kinder "reinzulassen". Dann müsste nichts geschlossen werden, es würde sich einfach nur alles umverteilen. :o)
    Ach ja, irgendwann...hoffentlich ganz bald!
    LG Eva

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