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Samstag, 16. Dezember 2017

Knoten für Knoten

"Ich kann's doch", sagt Lola und macht einen Knoten nach dem anderen in die Fäden.


Sie knotet Armbänder. Was sie in der Schule bei ihrer Hörtnerin im Nachmittagsbereich gelernt hat.

"Helfen Katja. Dann alleine," erklärt sie. (Erst hat ihr Katja geholfen, jetzt kann sie es alleine.)


"Ich kann das nicht", antworte ich wahrheitsgemäß und schaue ihr erstaunt zu, wie sie Knoten für Knoten in die Fäden macht und das Band langsam wächst.


"Charly auch kann's. Nora auch, Murmel auch. Nur ich und meine Freunde. Sara nichts kann's (ihre beste Freundin)."

"Haben Dir Dir beim Knoten geholfen, Deine Freunde?", frage ich.

"Nein. Ich kann's alleine. Helfen auch Dich? (Soll ich Dir helfen?) Rein tun, dann da. Zack zack. Dann leicht."

"Nein, nein. Ich will keine Bänder machen.", sage ich. "Ich schreibe lieber was." Und schreibe diese Worte.


"Wo Greta nochmal? Freundin schlafen?", fragt Lola.

"Ja, Greta hat heute bei ihrer Freundin geschlafen."

"Kommt wieder?"

"Sie kommt heute Nachmittag wieder."

"Spät", sagt Lola etwas enttäuscht. Und knotet weiter.

"Bald fertig das da", sagt sie. Und das Band wächst. Knoten für Knoten.

Solch eine Geduld möchte ich mal haben.  

Dass Lola sich so lange konzentrieren kann und daranbleibt an einer Sache, ist wirklich erstaunlich.  Und ganz neu für sie. Ein Ausdruck, wie stark sich ihr eigener Wille in letzter Zeit entwickelt hat. Und damit ihre Fähigkeit, sich eigene Ziele zu setzen und sie auch zu erreichen.

Ganz sicher ist es auch dem Handarbeitsunterricht in der Waldorfschule zu verdanken. Den sie über alles liebt. Stricken, Nähen, Sticken... Was nicht alles schon gelernt hat in den letzten Schuljahren.

Und ich habe so oft mit der Waldorf-Pädagogik gehadert und mich gefragt, ob und wie das Lola helfen soll. Ob sie nicht gezielter fördern sollten.

Doch länger Lola die Schule besucht, desto überzeugter bin ich.

Knoten für Knoten.

Jeder für sich unbedeutend. Doch am Ende ist ein Band entstanden. Ein Freundschaftsband.

1 Kommentar:

  1. Das ist ein sehr berührendes Posting.

    Du kannst wirklich stolz auf Lola sein, denn diese Armbandproduktion verlangt ja nun wirklich sehr viel Geduld und Ausdauer.

    Ich hadere insgesamt gesehen auch mit der Waldorfpädagogik, sehe jedoch auch eindeutig die vielen Vorteile.

    LG
    Sina

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