Mittwoch, 20. November 2024

Lolas eigener Musikaccount

Seit Jahren nutzt Lola meinen Musikstreaming-Account. Jeden Tag. Hat Dutzende von Playlists und Lieblingssongs. Das schöne daran: sie kennt sich richtig gut aus mit Musik.

Das Dumme daran: ich bekomme seit Jahren nur noch Vincent Weiss, Lena oder 'Bibi und Tina'-Hörspiele vorgeschlagen, wenn ICH mal Musik hören will. 

Egal wann - beim Kochen, Chillen und auf irgendeiner Party, stehe ich hilflos da, wenn es um die Musikauswahl geht. Zumindest von Musik, die MEINEN Musikgeschmack treffen würde. 

Und - zumindest früher - habe ich SEHR gerne Musik gehört. Aber NICHT Vincent Weiss. 

Die KI erkennt einfach nicht, dass ich seit Jahren meinen Account mit meiner Tochter teile. 

Während Lola seit Jahren jede Party mit ihrer Musik rockt (wenn die Gäste das zulassen). Und dabei wirklich für Stimmung sorgt! (Je nach Altersgruppe und Musikgeschmack). 

Aber nun, heute, am 20. November 2024 habe ich es endlich geschafft, und Lola ihren eigenen Musikaccount eingerichtet. Yeah!!! 

In knapp einer Stunde hab ich ihre gesammelten Playlisten (Nr. 1- 50) und ihre Lieblingssongs ihrem EIGENEN Account hinzugefügt. Einfach ein paar Mausklicks. Kein Hexenwerk. Auch für mich schaffbar. 

Und das, nachdem ich mich seit Jahren vor diesem Schritt so gefürchtet habe. Weil ich befürchtete, dass es furchtbar kompliziert ist. Für mich als 'digital dummy'. 

Doch unglaublich! Ich hab es geschafft.

Eine Stunde Konzentration -  und nun kann ich endlich wieder MEINE Musik hören. UNd bekomme in ein paar Tagen oder Wochen hoffentlich endlich Musikvorschläge, die MEINEM Musikgeschmack entsprechen. 

Mal schauen, wie lange die KI braucht, um zu erkennen, dass ich mich nicht mehr in der musikalischen Symbiose mit meiner Tochter befinde.

Vielleicht lösch ich auch einfach meinen Account und eröffne einen neuen. Und fang nochmal ganz von vorne an!

Meine Gleitsichtbrille ist weg!

Vor ein oder zwei Jahren fing es an. Ich konnte erst die Bedienungsanleitungen nicht mehr lesen, dann erschien mir das Licht beim Frühstück immer öfter zu dunkel, um die kleinen Buchstaben der Zeitung zu entziffern. Dann musste ich auch die Bücher immer weiter weghalten von mir, um das Bild scharf zu stellen. Aber vor allem konnte ich beim Autofahren - wo ich seit Jahren eine Brille tragen muss - nicht mehr gut den Tacho oder den Navi erkennen. Und ich fühlte mich ersmtals in meinem Leben wirklich 'behindert' - sehbehindert. Ein für mich komplett neues, und wie ich fand, furchbares Gefühl: nicht mehr alles erkennen zu können. 

Ein paar Jahre habe ich das nun ertragen, aber im Frühjahr war es soweit. Und in einer Hauruckaktion ließ ich mir beim Optiker eine Gleitsichtbrille anfertigen. Eigentlich war ich mit Lola dort, die mal wieder eine neue Brille brauchte, weil ihre Augen jedes Jahr ein bisschen schlechter werden. Aber plötzlich hatte ich das Gefühl, dass ich mich auch mal um MICH kümmern muss, nicht immer nur um das Wohl der Kinder. Und zu meinem Wohl gehört es definitiv dazu, gut gucken zu können. 

Und so entscheid ich mich im Laden einfach für das erstbeste Modell, das mir gefiel. Liess mir mittelgute (und vor allem mittelteure, aber immer noch ordentlich teure) Gläser anfertigen, und eine Woche später war ich stolze Besitzerin einer Gleitsichtbrille. Und hatte endlich wieder einen scharfen Blick. Sowohl in die Ferne, als auch in der Nähe. Ein herrliches, fast erhebendes Gefühl, wieder alles sehen zu können.

Gut, zuerst stolperte ich ein wenig im Treppenhaus. Musste mich daran gewöhnen, den Kopf mit den Augen mitzudrehen. Aber der Vorzug des klaren Blicks überwog alles. Rein ästhetisch sehe ich mich immer noch nicht als Brillenträgerin, weswegen ich sie selten anzog, wenn ich unter Menschen war. Oder eben erst im Kinosaal, im Auto oder am Frühstückstisch. 

Doch vor allem war ich unendlich dankbar, dass sich diese Form der leichten Sehbehinderung so einfach beheben lässt. Indem man eine Brille aufsetzt.

Einziger Nachteil. Ohne Brille kann ich nun wirklich gar keine Bücher mehr lesen. Die Augen haben sich schnell an die neue Sehhilfe gewöhnt, ohne die ich jetzt wirklich unfähig bin, die Buchstaben zu erkennen. Die Augenmuskeln scheinen sich abgebaut zu haben, die mit etwas Mühe das Scharfstellen vorher noch erlaubten. Aber - dafür hab ich ja meine Brille. 

Hah, bis heute Abend!!! 

Denn als ich vorhin meine Brille suchte, um ganz gemütlich in der Badewanne ein Buch zu lesen, im heißen Wasser meinen etwas schmerzenden Rücken zu entspannen und mir nach dem gestrigen Geburtstagsmarathon einen schönen Feierabend zu gönnen, da fand ich sie nicht. Nirgends!!!! 

Ich glaube, mich zu erinnnern, dass ich sie ins Auto mitgenommen habe, wo ich sie meist aufsetze (aber auch nicht immer). Aber ich bin mir nicht sicher. Meine letzte bewusste Erinnerung an sie ist um die Mittagszeit, da lag sie auf dem Tisch. Danach - sosehr ich auch grüble, ich kann nicht rekonstruieren, was ich mit ihr gemacht habe, oder wo ich sie eventuell hingelegt oder liegengelassen habe. 

Ein Desaster. Nicht nur, weil ich jetzt nix mehr lesen kann. Sondern vor allem, weil ich mir jetzt noch so ein Ding kaufen muss. Und ja, das war defintiv nicht vorgesehen im Jahresbudget. (Schon die erste Ausgabe riss ein Loch hinein). 

Selbst das Baden und anschließende angestrengte Meditieren half nicht, die Brille per Manifestation wiederauferstehen zu lassen oder mich per Selbsthynose an ihren Verbleib zu erinnern. Sie ist und bleibt verschwunden. 

Und so hoffe ich nun inständig, dass ich sie morgen irgendwo in den Kinderzimmern entdecke, die ich noch nicht abgregrast habe. 

Alternativ würde ich mir einen Geldsegen von 10.000 Euro wünschen, mit dem ich den Kauf einer neuen Brille locker finanzieren kann. 

Warum genau 10.000 Euro? Das war mein Silvesterwunsch, um den ich mich selber kümmern muss. Die anderen 12 Wünsche hatte ich ins Feuer geworfen, da kümmert sich jetzt zum Glück das Universum drum. 

Einzige offene Frage: wie kommen 10.000 Euro zu mir? Habt ihr vielleicht eine Idee? Ich hab ja noch knapp 6 Wochen Zeit.... Da wär dann eine schöne neue Gleitsichtbrille ganz entspannt drin. 

Ich werde mir heute Nacht auf jeden Fall vor dem Schlafengehen diese Frage stellen (sicherheitshalber auch nochmal die nach dem Verbleib der Brille), und dann hoffentlich im Traum Antwort erhalten. Denn im Schlaf haben wir ja bekanntlicherweise Zugang zu so viel mehr Informationen als bei bewusstem Verstand. Und ich hoffe auf präzise und verständliche Antworten. 

In diesem Sinne, gute Nacht! Lesen kann ich ja jetzt eh nix mehr.

Montag, 18. November 2024

Sweet seventeen!

Yeah, Happy birthday!!! Lola hat heute ihren 17. Geburtstag gefeiert! Und was für ein schöner Tag war das wieder. 

Denn Lola liebt ihre Geburtstage. Ein Jahr lang bereitet sie immer minutiös vor, was sie an ihrem Geburstag macht. Was wir essen, wen sie einlädt. Und natürlich was sie sich wünscht. Und sie hat immer soooo viele Wünsche über das Jahr. 

Und in diesem war das vor allem ein Fahrradrucksack. So einer, den man auf dem Rücken tragen, aber auch an den Gepäckträger klippen kann. Klar, so gerne wie sie Rad fährt. 

Und sie war überglücklich, dass sie ihn endlich endlich auch bekommen hat. Von der geliebten Oma Claudia!!! 

Darüber freute sie sich sogar noch mehr als über das Handy, das sie nun endlich auch bekommen hat. Ein erstes, eigenes Handy. Was ich bisher so lange hinausgezögert habe. Aus Unsicherheit darüber, wie sie damit umgeht, und wie ich sicher stellen kann, dass sie nicht die ganze Zeit am Handy hängt (wie ihre Geschwister leider allzu oft). 

Vielleicht lag ihre fehlende Begeisterung auch daran, dass das Handy tatsächlich morgens noch nicht auf ihrem Geburstagstisch lag. Denn - wie gestern schon erzählt, kam das Paket zu spät. Vorhin hat es mir der Postbeamte aber zum Glück in die Hand gedrückt. Und Lola freute sich auch am Nachmittag riesig darüber. Auch wenn es noch verpackt und nicht gebrauchsfertig ist. 

 

Und so ging Lola heute Morgen - nach dem Auspacken der Geschenke - überglücklich mit ihrem gestern gebackenen Kuchen in die Schule. Schick im roten Glitzerkleid und mit Lederjacke, bereit sich feiern zu lassen. 

Sooft schleicht sie gebückt, unter ihrer Kapuze, fast unsichtbar durch die Schule, legt sich in irgendeine Ecke. Aber nein, heute stolzierte sie erhobenen Hauptes, fast salutierend, in die Schule. Empfing von allen Seiten herzliche Glückwünsche, und wurde von der Klasse mit einem Lied auf den Lippen empfangen. Ach, wie sie das immer geniesst, im Mittelpunkt zu stehen.

Und nach der Schule hatte sie - wie jedes Jahr - wieder zum Geburtstag eingeladen. Diesmal zu einer "Wohnzimmerparty - mit Tanz & Film, Pizza & Pommes" - bei uns zu Hause. Und um halb vier Uhr standen hier 12 junge Mädels auf der Matte, und tanzten und lachten, und quirlten durch das Wohnzimmer. Lola strahlend mittendrin, begeistert ihre Geschenke auspackend. Um dann wieder Musik zu machen. Das lässt sie sich an ihrem Jubeltag natürlich nicht nehmen - da werden ihre spotify Lieblingssongs rauf und runter gespielt. Und alle tanzen!

Zur Feier des Tages guckten dann noch alle gemeinsam - 'Bibi und Tina - Der Film'. Den sie alle schon einmal zusammen geguckt haben, bei Lolas 10. Geburtstag. Es war wie ein kleiner Revival. Nochmal - Kind sein. Und alle grölten mit. Herrlich. Lagen zusammen auf unserm grossen Sofa, futterten Chips und - Pizza. Und Lola war glücklich!

Geburtstag ist für sie immer DER Tag des Jahres. Und ich freu mich, dass es auch dieses Jahr wieder so schön für sie war. Und alle ihre Freundinnen aus der Klasse auch gekommen sind. Denn ihre Geburstage haben sich als 'Super Parties' herumgesprochen, wo immer alle hinwollen.

Auch wenn ICH gegen Mittag, als ich mit dem Beamer kämpfte, der kein Signal empfing, kurz in Panik geriet, ob das überhaupt mit dem Film klappen würde. Gerade eben total matt vom Aufbauen, Pizza backen und Aufräumen aufs Sofa gefallen bin. Und jetzt noch ganz heldenhaft mich an die Installation des Handys machen werde, denn das kann Lola leider wirklich nicht alleine. 

Und bin ehrlich gesagt auch sehr froh bin, dass nur einmal im Jahr Geburstag ist!


Sonntag, 17. November 2024

Ein Sonntag zum 'rumfaulen'

 Endlich wieder ein herrlicher 'fauler' Sonntag, tiefenentspannt. Bei schönstem grauen Novemberwetter, was jeden Schritt nach draussen kategorisch ausschloss, so dass wir - ohne jedes schlechte Gewissen - ausschlafen, lange frühstücken und 'rumfaulen konnten, wie Lola immer so schön sagt. 

Bei ihr bedeutet das konkret: dass sie in ihrem Zimmer sitzt, Musik oder Hörspiele hört, und dabei 'Bibi und Tina' Bücher abschreibt. Seitenweise. Sie hat schon ganze Ordner voll kopierter Bücher in Schönschrift. Sie liebt das. Ganz gewissenhaft die Seiten und Texte zu kopieren. Als wäre das ein bezahlter Job.

Gegen Mittag wollte sie jedoch zusammen mit mir einen Kuchen backen, für ihre Klasse morgen. Denn zum Geburtstag bringen die Kinder immer noch jeder einen Kuchen mit. 

Und so backten wir gemeinsam aus ihrem 'Koch-und Backbuch' den Schoko-Kirsch-Kuchen. Natürlich mit glutenfreiem Mehl, damit sie den morgen auch mitessen kann. 

Und ich freute mich, dass sie endlich mal wieder zusammen mit mir in der Küche stehen wollte. Teig mixen, Schokolade schmelzen, Zutaten abmessen, verquirlen. Denn gemeinsam backen macht einfach Spass. Und sie war endlich mal wieder ganz liebevoll und eifrig. Statt wie so oft meine Wünsche oder Ideen mit einem barschen, 'Nö'. Kein Bock.'  zu quittieren. 

Da sie selber die Idee entwickelte hatte, für ihre Klasse den Kuchen zu backen, hatte sie natürlich Lust. Obwohl ich sie dann doch noch daran erinnern musste, weil sie so im Zimmer bei ihren Hörspielen versunken war.

Mir fällt es oft schwer, diese Gratwanderung, ihr Autonomie zuzugestehen, d.h. sie selbständig über ihre Interessen entscheiden zu lassen (die oft fast auschließlich aus Film gucken, lauter Musik hören und tanzen bestehen) und dazu, sie zu einer gewissen Selbständigkeit im Leben anregen bzw. fast zwingen zu müssen. Wie mal selber was kleines zu kochen, ihr Zimmer aufzuräumen, alleine zur Schule zu fahren, oder etwas beim Konsum einzukaufen. 

Und in nächste Zeit möchte ich sie noch mehr dazu anregen, mehr Schritte in diese Selbständigkeit zu gehen. Und über ihren Schatten der Bequemlichkeit zu springen. Und die Dinge, die ihre Altersgenossen längst alleine machen, auch alleine in Angriff zu nehmen. 

Heute aber bin ich froh, dass wir so einen gemütlichen Sonntag hatten. An dem ich eben sogar noch ganz entspannt ihren Geburtstagsfrühstück gedeckt und die Geschenke darauf drapiert habe. Die zum Teil aus kleinen Briefchen bestehen mit ausgedruckten Bildern von Geschenken! Denn leider sind einige der per Internet bestellten Geschenke nicht angekommen. Worüber ich gestern noch ganz verzweifelt war.

Aber auch das konnte meine Stimmung an diesem tiefenentspannten Sonntag nicht trüben. Und ich hoffe, Lola's morgen früh auch nicht.

Samstag, 16. November 2024

Kartoffelbrei und Fischstäbchen

 Ich musste heute den ganzen Tag arbeiten. Was aber bedeuetete, dass Lola den ganzen Tag über alleine wäre. Weil Greta ja in Spanien ist und Pavel mit M unterwegs. 

Ein kurze Zeit verbringt sich öfter mals alleine in der Wohnung, aber mehr als drei Stunden bisher nicht.

Würde sie es einen ganzen Tag lang alleine schaffen? Und vor allem, würde sie es hinkriegen, sich selber was zum Mittag zuzubereiten? Ich war unsicher.

Und so fragte ich M., die Tochter von Freunden, ob sie Zeit und Lust hat, mittags mal rumzukommen. Und gemeinsam mit Loli was zu kochen. 

Und M. hatte zum Glück Zeit und Lola war gleich begeistert, denn sie mag M sehr. Sie sind beide gleich alt, sprechen beide spanisch, lieben es zu tanzen und - Musik. 

Mittags haben sie dann gemeinsam gekocht. Kartoffelbrei, Spinat und Fischstäbchen. Lola's Leibgericht. Und dafür das wunderbare Koch- und Backbuch genutzt, das Lola im Rahmen ihrer Achtklassarbeit vor zwei Jahren selber erstellt hat. Mit allen Zutaten, Fotos der Zubereitung und kurzen Beschreibungen. 

 

Als ich vorhin wieder nach Hause kam, chillte Lola entspannt in ihrem Zimmer. Die Wohnung roch nach Fischstäbchen, und die Küche war blitzeblank aufgeräumt. 

Auf meine Frage, was die beiden sonst noch gemacht hatten, bekam ich leider keine Antwort. "Nix, Mama. Lass mich in Ruhe. Will nicht sagen." 

Klar, doofe Frage. Wessen sechszehnjährige Tochter erzählt ihrer Mutter auch so genau, was sie mit Freunden gemeinsam gemacht hat. 

 So soll es sein. Wie schön, dass alles so super geklappt hat! 

Wirklich Zeit, dass sie mehr mit Gleichaltrigen unternimmt. Und wenn es nur für ein Stündchen mit Freunden ist. Auch wenn ich noch ein bisschen nachhelfen muss, mit dem 'Socialisen'.... 

Und toll, dass sie den Rest des Tages ganz enspannt alleine zu Hause verbracht hat. Sie wird doch langsam groß. Auch wenn sie viel lieber gerne kleine wäre manchmal... 

Aber das ist wohl so, in dieser Phase des Erwachsen-Werdens. In der man bei ihr, anders als bei den Geschwistern, die von ganz alleine unabhängig werden wollen, so viel mehr 'nachhelfen' muss.

Freitag, 15. November 2024

Bummel über die Karli

Gestern, als Lola bei der Physiotherapie war, bummelte ich wieder über die Karli (Karl-Liebknecht-Strasse) bei uns in der Südvorstadt.

Erst ging ich zügig, mal wieder Richtung Rossmann, um Besorgungen zu erledigen. Aber dann nahm ich doch die Kamera und fing auf, was ich sah. Manches schon oft, manches noch nie.

Immer wieder erstaunt mich, was ich entdecke, wenn ich mit der (digitalen) Linse auf Motivsuche gehe. Mal ganz nah, mal ganz weit weg.

Überall erzählt die Stadt Geschichten. Die Gebäude, die Automaten, die Fassaden, die Decken, die Skulpturen, ja sogar die Mülleimer.

Geschichten einer vergangenen Zeit, die vergangen, und doch noch da ist. Im Stein, in den Straßen, eingemeißelt.

Wir glauben uns so modern. So individuell. So einzigartig, in unserer Zeit, unseren Fortschritten, unserem Leid. In  'diesen Zeiten'.

Doch wir sind Teil eines großen Ganzen. Wir kommen und gehen.

Schön, dass ich mit meinen Gefühlen manchmal gar nicht so alleine bin :-)




Donnerstag, 14. November 2024

"Will keine Down-Syndrom haben"

Lola hat in der Biologie-Epoche gerade Genetik. Und in der letzten Woche haben sie Chromosomen behandelt, und in diesem Zusammenhang auch 'Trisomie 21' als eine Form der chromosomalen Abweichung besprochen. 'Down-Syndrom'. Ein Begriff, den Lola zwar schon kannte, den wir aber bisher nie groß thematisiert haben. 

Heute beim Abendbrot fragte mich Lola auf einmal zwischen zwei Bissen in ihr dick beschmiertes Käse-Salami-Frischkäsebrot. "Warum ich Brille habe?" 

 "Keine Ahnung, du kannst halt nicht so gut gucken. Mit der Brille siehst du besser", antwortete ich. 

"Will keine Brille haben", fügte sie hinzu. 

"Die steht Dir doch voll gut", versuchte ich abzulenken. 

"Will wieder klein sein, ohne Brille", sagte sie und erinnerte sich an ihre ersten Jahre, bis sie sieben war, als sie noch keine Brille trug. 

Ich zuckte mit den Achseln. "Naja, wenn sie Dich stört, kannst Du sie ja absetzen. Nur kannst Du dann leider nicht mehr so viel sehen." 

Lola zuckte mit den Achseln. Und begann, sich ihr drittes Brot zu schmieren. Bestrich es mit ganz viel Frischkäse, einer Schicht Salami und obendrauf noch zwei dicken Scheiben Edamer. Und biss herzhaft hinein. 

"Das ist zu viel Loli. Du kriegst gleich Bauchweh. Und außerdem - wenn Du immer so viel isst, nimmst du voll zu. Und kannst dich irgendwann gar nicht mehr bewegen."

Sie schüttelte verärgert den Kopf. "So wie P.", sagte sie. "Kann nicht laufen. Heute nur rumliegen. Und rumschreien, voll doof. Behindert!"  

 "P hat auch Down-Syndrom. So wie Du. Und er war heut bestimmt schlecht gelaunt. Und hat eben mal nicht mitgemacht, so wie du auch öfters. Aber ich finde ihn total nett und lustig."

"Down-Syndrom voll Kacke", schnaubte sie wütend. "Will keine Down-Syndrom haben! Will keine Brille haben. Will normal sein, wie alle Kinder."

Da blieb mir kurz die Sprache weg. 

"Was ist schon normal", stammelte ich. "Viele Menschen haben eine Brille. Und ja, Down-Syndrom.  Aber Du kannst doch trotzdem alles." 

"Nein, kann nicht gut alles. Kann nich gut sprechen ich. Nicht gut gucken. Down-Syndrom kacke. Will keine Down-Syndrom habe. Down-Syndrom absetzen. Will sein wie alle Kinder."

Liebevoll nahm ich sie in den Arm. "Loli, Du bist genau so perfekt, wie du bist. Und ich hab Dich lieb, genauso wie Du bist. Und die anderen mögen Dich auch alle so, genauso!" 

Sie wehrte mich ab und schüttelte den Kopf. "Warum ich Down-Syndrom habe?"

"Ich weiß nicht", sagte ich. "Ein Zufall. Oder - vielleicht hat Gott dich auch genauso gewollt?" 

"Warum?", setzte sie hinterher. Und schaute mich fragend und fast etwas verzweifelt an. "Will Down-Syndrom absetzen.  Will nich mehr. Will normal sein."