Montag, 23. September 2024

Lola - drei Wochen alleine!

 

 Unglaublich, aber wahr! Lola wohnt seit letztem Montag ganz alleine in der "Lebensgemeinschaft Sassen", im schönen Hessen, und arbeitet dort in der Textilwerkstatt, einer der dortigen Werkstätten. 

Nein, nicht für immer. Aber für drei Wochen, im Rahmen eines Sozialpraktikums, das alle SchülerInnen ihrer Waldorf-Schule in der 11. Klasse machen müssen. 

Und während ihre MitschülerInnen in sozialen Einrichtungen der Behindertenhilfe oder Altenpflege arbeiten, um Menschen mit Hilfebedarf zu betreuen, darf auch sie drei Wochen in einer Einrichtung verbringen, nur 'auf der anderen Seite'. Nämlich als eine der Bewohnerinnen bzw. der dort Arbeitenden. Das heisst, für sie ist es eine Art Wohn- und Arbeitspraktikum. In dem sie drei Wochen, ohne Familie und Freunde, in einer ihr gänzlich unbekannten Lebensgemeinschaft leben darf. Um auszuprobieren, wie das so läuft, arbeiten und leben, ganz ohne ihre Familie. 

Dorfplatz

Als ich sie letzte Woche hinbrachte, zum 'Dorf' Sassen, wo ca. 100 Menschen mit Behinderung gemeinsam in einer dorfähnlichen Gemeinschaft wohnen, in ca. 10 Häusern, die von festen Hauseltern betreut werden, die dort selber mit ihren Familien leben, war ich selber furchtbar aufgeregt. Ob sie das packen würde, so lange von zu Hause fort, in einem ihr neuen und unbekannten Umfeld. Alleine schlafen, aufstehen, arbeiten? Jeden Tag, von 8 bis 12 und nach einer Mittagspause nochmal von 13.30 bis 17 Uhr? Ich glaubte daran, fest, aber als ich mit ihr im Auto auf dem Weg dorthin war, war mir doch bang ums Herz. 

Der Weg zu ihrem Haus im Dorf

 Doch sie versicherte mir, 'Mama, ich schaff das'. Und 'komme ja wieder!", lachte, winkte noch einmal und marschierte mit einem Stapel mitgebrachter Spiele zu den anderen Bewohnern ihres Hauses, in dem sie aufgenommen wurde, liebevoll begleitet von ihrer neuen 'Haus'-Mutter auf Zeit. Und ich fuhr ab, doch auch mit schwerem Herzen. Ja, loslassen ist schwerer als ich dachte, vor allem mich als Mutter. 

Der Dorfteich
 

Wie mir ihre Hausmutter einen Tag später mitteilte, war sie aber super im Haus angekommen, 'ganz fein und lieb, aber doch auch mit Power'. Und es sei toll mit ihr. Und bis auf einige Dispute beim Zähneputzen und Duschen (was sie leider auch zu Hause nur ungerne macht), sei es super mit ihr. 

Sie gehe jeden Tag ganz selbständig morgens, mittags und nachmittags zur Weberei im Dorf, und komme ganz zufrieden zurück. Und würde dort Kissen weben, aus dicker Wolle, am Handwebstuhl. Was sie schon in ihrer Schule gelernt hat. Füge sich durch ihre offene und liebevolle Art ganz schön auch in die Gemeinschaft der anderen Bewohner im Haus ein, und sei überhaupt ganz selbständig und 'flexibel'. 

Wie ich mich freue, dass es so wunderbar klappt. Und sie mal endlich positiv auffallen kann, durch ihre Art, während sie in ihrer inklusiven Schule so oft aneckt durch ihre Schrullen, ihren Eigensinn und ihre Schwierigkeit, mit Übergängen umzugehen. Nein, dort, wo die Tage ganz und gar durchstrukturiert sind, immergleich ablaufen, weil dort so viele Menschen leben, die feste Abläufe brauchen, hat auch sie endlich mal einen Ort, wo sie sich schnell orientieren kann - und ihre viele Stärken und Fähigekeiten zeigen kann. Und Handarbeiten und Weben ist ja auch eines ihrer Lieblingsfächer in der Schule. 

Das nahe gelegene Schlitz

Ach, ich freue mich so für sie. Dass sie das so selbständig meistert. Und vor allem, dass so dort die tolle Gelegenheit bekommen hat, ein Praktikum zu machen. Ihrer engagierten Hausmutter sei Dank! 

Heute nachmittag ist sie allerdings im Dorf nochmal umgezogen, in ein anderes Haus, wo noch mehr jüngere Leute leben. Da die Bewohner des ersten Hauses doch schon älter und etwas zurückgezogener waren, und Lola mit ihrer quirligen, lebendigen Art da doch etwas auf einsamem Posten war. Nun bin ich gespannt, wie es ihr im neuen Haus mit mehr Trubel gefällt, unter Ihresgleichen, aber mit einer neuen Hausmutter, die sie noch nicht kennt. Hoffentlich zeigt sie sich auch da 'flexibel', aber so hörte ich eben, sei der Umzug wohl sehr gut gelaufen... 

Im Dorf hergestellte Keramik

 Kleine, große Lola! Lange dauert es nicht mehr, dann wird sie vielleicht wirklich ausziehen. Noch kann ich es mir nicht vorstellen. Aber schön zu wissen, dass es möglich ist!

Donnerstag, 29. August 2024

Wie früher!

 Pavel kam gestern ganz stolz vom Klavierunterricht zurück. Nicht etwa über sein schönes Klavierspiel. Nein, er war nach dem Unterricht noch bei der neuen Supermarktkette ‚Mein Angebot‘ und hat dort einen Müllerjoghurt gekauft, mit dieser abknickbaren Ecke mit Knuspermüsli, die er früher so gerne mochte. Ganz stolz erzählt er, dass er dafür nur 49 Cent ausgegeben hat! „Das erinnert mich irgendwie an meine Kindheit“, fügt er fast nostalgisch hinzu“, „als alles noch so billig war“. Und ich muss lachen, wie er als 12 – Jähriger über seine so lange zurückliegende Kindheit nachdenkt. 

Am Nachmittag im Konsum entdeckt Pavel denselben Müllerjoghurt im Kühlregal: für 1,09 Euro. Mehr als das Doppelte. Er hat also 60 Cent gespart, rechnet er mir triumphierend vor.  

Gar kein Joghurt wäre noch günstiger gewesen, denke ich leise für mich. Und frage mich, ob ich die Kinder weniger an meinen aktuellen Sparvorhaben teilhaben lassen sollte. Mit denen wir zwar im Vergleich zu alternativen Käufen sparen (zu anderen Zeiten, an anderen Orten, anderer Produkte), aber netto doch einfach wieder nur eins machen: Geld ausgeben.

Donnerstag, 22. August 2024

Schöner leben – ach Du liebes Geld.

 Ich habe mir diese Woche vorgenommen, bewusster mit meinem Geld umzugehen. Und will endlich genau wissen, was ich ausgebe, auf den Cent genau. Denn „Geldbewusstsein zu entwickeln“, so steht es im Buch von Petra Bock, ist eine Voraussetzung für höhere Geldeinnahmen.

Gestern Abend habe ich eine Liste meiner Ausgaben der letzten Woche angefertigt. 300 Euro! 75 Euro für Lolas neue Sportschuhe, 20 Euro für einen neuen Wasserhahn im Garten. 150 Euro für Lebensmittel, obwohl ich nur beim discounter kaufe. Und 20 Euro für Eis! Doch ganz schön viel, denke ich. Und nehme mir vor, diese Woche bewusster mit meinen Ausgaben umzugehen und unnötige Käufe zu vermeiden. Und zu schauen, wie viel ich auf diese Weise sparen kann.

Nachdem ich Lola zur Physiotherapie gebracht habe, wo ich sie erst in 45 Minuten wieder abholen muss, bummle ich ziellos die Karli runter und genieße das sommerlich bunte Treiben. Als mir einfällt, dass wir dringend neue Zahncreme brauchen. Ich könnte auch zum Drogeriemarkt Rossmann spazieren, überlege ich. Um ein Ziel zu haben und in der Zwischenzeit noch etwas Sinnvolles zu erledigen. „Aber wirklich nur, um Zahncreme zu kaufen,“ sage ich mir, bevor ich den Laden betrete. Denn ich will ja meine Ausgaben reduzieren. Und diesmal nur eine Tube kaufen, nicht das Doppelpack wie sonst. Denn Meridol ist echt teuer geworden. 4,45 die Tube. Aber sie hilft bei Zahnfleischentzündungen, die muss es sein.

Der Blick auf das Preisschild offenbart: das Doppelpack kostet 7,95. Statt knapp 9 Euro für zwei Tuben, wenn ich sie einzeln kaufe. Ersparnis von 1 Euro. Ich komme ins Nachdenken. Kaufe ich wirklich nur die eine Tube,  spare ich diese Woche zwar 3,50 Euro. Aber in einem Monat muss ich nochmal 4,45 Euro zahlen. Kaufe ich das Doppelpack, gebe ich diese Woche zwar 3,50 Euro mehr aus, habe im nächsten Monat aber keine Ausgabe für Zahnpasta und spare also 4,45 Euro.

Ich spüre ein gewisses Dilemma, angesichts meines Plans diese Woche Ausgaben zu reduzieren. Doch mein ökonomischer Verstand siegt, und ich kaufe die Doppelpackung und spare (zumindest auf den Monat gerechnet) 1 Euro - und den nächsten Gang zum Rossmann.

Mehr kaufe ich jetzt aber nicht, sage ich mir. Und gehe schnurstracks zur Kasse. Als mein Blick an einer Packung leuchtend bunter Microfasertücher hängen bleibt, die mir meine eigenen Mikrofasertücher ins Gedächtnis rufen, die ich seit 12 Jahren benutze. Löchrig, ausgefranst, müffelnd. Die neuen kosten nur 4,45 Euro. Was ich, angesichts einer Nutzungsdauer von mehr als 10 Jahren, als gar nicht so teuer empfinde. Ärgere ich mich nicht seit Wochen über die alten Fetzen? Als wäre ich so arm, dass ich mir keine neuen Wischlappen leisten kann. Und es macht auch keinen Spaß, damit zu putzen. Ich greife schnell zu, bevor ich die Investition anzweifeln kann.

Da sehe ich unten im Regal eine Spülschüssel stehen, genau so eine, wie ich sie vor zwei Jahren mal zum Camping suchte und in keinem Baumarkt fand. Da steht sie, glänzend weiß, für 2,95 Euro. Ein echtes Schnäppchen. Auch wenn wir frühestens im nächsten Sommer wieder campen gehen. Aber dann brauche ich sie. Ich will nicht mehr diese ollen Pappkisten zum Transport des Geschirrs benutzen, die am Ende durchgeweicht sind. Und wieder greife ich schnell zu, bevor ich noch einmal darüber nachdenken kann.

An der Kasse muss ich 17 Euro zahlen. Ein paar super-günstige Schwämme und Maiswaffeln noch inklusive. Ich habe zwar 13 Euro mehr ausgegeben, als eigentlich geplant. Aber so viel neue Lebensqualität in der Tasche und so viel Zeit- und Geldersparnis vor dem nächsten Campingurlaub, denke ich stolz. Jetzt frage ich mir nur, wo ich diese Zusatzausgaben von 13 Euro in DIESER Woche noch einsparen soll?

Aber so viel Geld ist es ja auch wieder nicht. Und nach Petra Bock reicht es doch eigentlich, mir darüber bewusst zu sein, wofür ich es ausgegeben habe. Um die nötigen Geldeinnahmen dann wie von Zauberhand anzuziehen. Wie, das wird sich schon zeigen, denke ich. Und laufe zufrieden die Karli entlang mit einem Beutel voller Dinge, die ich eigentlich gar nicht dringend brauche und auch nicht kaufen wollte.

Vielleicht schicke ich nächstes Mal doch lieber Pavel mit einem 5 Euro Schein los, um Zahnpasta zu holen. Und sonst – nichts!

Dienstag, 20. August 2024

Nimm Dein Handy - und freu Dich dran!

 Seit vier Jahren benutze ich ein altes, mittlerweile schrottiges i-phone SE. Ich kann keine neuen Apps mehr installieren, da ich die Software nie update. Meine Mail-App funktioniert nicht mehr. Der Bildschirm ist mehrfach zersprungen. Mein Routenplaner stürzt ständig ab.

Doch obwohl ich seit Monaten ein nagelneues Samsung-Handy in einer Schublade liegen habe, schaffe ich es nicht, es zu installieren. Es ist ein android. Und der Transfer meiner Kontakte und Fotos vom i-phone scheint mir unmöglich. Und wer weiß, wenn am Ende alles verloren geht und nichts mehr funktioniert? Und das alte i-phone funktioniert doch noch.

Auf der Suche nach neuer Lektüre in meinem Bücherregal fällt mir zufällig das Buch „Nimm das Geld und freu dich dran“ von Petra Bock ins Auge. Und beim Durchblättern stoße ich auf eine Stelle, in der die Autorin davon schreibt, dass es beim Erlernen eines guten Umgangs mit Geld auch um eine neue Haltung zu sich selbst geht. Sich selber ‚liebevoll in den Arm zu nehmen‘ und sich was zu gönnen.

Ich fühle mich ertappt. Ja, vielleicht könnte ich endlich mal Dinge nutzen, die ich kostenlos zu Verfügung habe, aber ‚mir nicht gönne‘? Vielleicht sollte ich doch den Versuch wagen, das neue Samsung zu installieren, auch wenn es android ist?

Grübelnd sitze ich mit meinem alten i-phone in der Hand auf dem Balkon und schaue in den Abendhimmel. Bis ich mich endlich durchringe, in die noch funktionierende Suchfunktion des Browsers die Frage zu tippen, wie man Kontakte und Fotos vom i-phone auf ein Samsung bekommt. Über die icloud, erfahre ich. Und die google-Foto-App.

Während die Kinder noch ihren Abendfilm gucken, gehe ich zum Rechner, und melde ich mich etwas nervös beim i-cloud Konto an und habe fünf Minuten später alle meine Kontakte importiert. Installiere anschließend die Google-Foto-App auf dem alten Handy, was glücklicherweise noch funktioniert, und finde kurz später alle meine i-phone Fotos in der App wieder. Wie von Zauberhand. Ich bin überrascht, wie einfach es ging.

Als die Kinder eine halbe Stunde später im Bett liegen, und ich Lola nur noch leise quatschen höre, wage ich den Versuch. Und hole zitternd die SIM- Karte aus dem i-phone und stecke sie in das neue Samsung. Was sich fast ein wenig wie Fremdgehen anfühlt. Mit klopfenden Herzen sehe ich zu, wie das Handy hochfährt. Erwarte - tief in mir drinnen - den totalen Zusammenbruch. Stattdessen werde ich freundlich, sogar auf Deutsch, eingeladen, meine Daten zu übertragen. Wenn ich kein Kabel habe, auch gerne über WLAN.

Ich klicke mich durch eine Unmenge von Fragen, die ich zum Glück auch später entscheiden oder noch abändern kann. Und finde eine Stunde später alle meine Kontakte und Fotos auf dem neuen Handy wieder. Bis auf die Nachrichten und WhatsApps, die ich bisher wie meinen Augapfel gehütet habe. Aber was soll’s. Kann ich später noch importieren. Ich fühle mich stolz, fast wie ein Profi. So leicht ging alles.

Am nächsten Tag empfinde ich das Samsung dann aber doch als riesig und unelegant. Als ich eine Nachricht zu tippen versuche, schreibe ich ständig alles falsch, gewöhnt an eine andere Tastaturgröße. Und ich schaffe es auch nicht, die neu installierten Apps wiederzufinden. Und die WhatsApps lassen sich auch nicht importieren. Ich will mein altes Handy zurück, fluche ich. Und überhaupt, es geht doch nichts über i-phone! Ich frage mich, wie ich jemals auf die Idee gekommen bin, mir ein android anzuschaffen? Und recherchiere im Netz, was ein gebrauchtes i-Phone kostet.

Kurz bevor ich meine SIM-Karte wieder entnervt in das alte Handy zurückstecke, kommt zum Glück mein zwölfjähriger Sohn Pavel nach Hause, seit einem Jahr selber Besitzer eines Samsung Galaxy. Und ‚digital native‘. Ganz beiläufig und mit erstaunlicher Geduld erklärt er mir, wie ich neue Widgets einrichte und verschiebe. Wie ich das Handy per Fingerabdruck entsperren kann. Wie ich den Startbildschirm einrichte. Und eine Viertelstunde später bin ich vollauf begeistert von meinem neuen Handy. Wie gut, dass ich Kinder habe!

Wie hatte ich es so lange vor mir herschieben können, mir mein neues Handy zu installieren? Kosten? 0 Euro. Zeitinvestition: zwei Stunden, in denen ich mich sonst nur über mein schrottiges i-phone geärgert hätte. Was für eine reiche Frau ich eigentlich bin! Wenn ich endlich mal all die Dinge (und Fähigkeiten) nutze, die bisher nur funktionslos in irgendwelchen Schubladen und Ecken liegen.

Montag, 17. Juni 2024

Ein Wochenende der Highlights

Was für ein Wochenende - der Superlative liegt hinter uns!

Wie oft schleicht das Leben dahin, alles verändert sich nur in Zeitlupe. Stagniert, im Innen wie im Außen. Dann überschlägt sich manchmal alles, und ich weiß gar nicht, wo anfangen, wo aufhören.

Doch am vergangenen Wochenende, sind wir wie im Rausch durch die Tage gesegelt - denn alle drei Kinder haben gleichzeitig für sie grossartige Erlebnisse gehabt.  

Zuerst Lola, Protagonistin dieses Blogs. Sie hatte am Freitag wieder einen wunderbaren Auftritt mit ihrem Streicherorchester, diesmal bei den Bachspielen, am Hauptbahnhof! Nach einer ganztätigen Probe, Generalprobe, Soundcheck hat sie das Konzert wieder mit Bravour gemeistert. Und das Highlight: Mitten im Konzert kam ihr Papa Ricardo, der gerade mit dem Zug aus Italien angekommen war, und hörte noch ihr letztes Stück.

Und am Samstag, beim Sommerfest ihrer Schule, hatte sie einen Solotanzauftritt auf der offenen Bühne  - ein vor ihr und einer Schulhelferin einstudierte Choreografie zu ihrer Lieblingsmusik. "Go go go, vive a tu manera..." Ganz alleine hat sie vier Stücke lang die grüne Tanzbühne gerockt, im wilden, ausdrucksstarken Tanz. Und erstmals anderen gezeigt, was sie sonst eigentlich nur alleine für sich in ihrem Zimmer tanzt. Und tosenden Applaus geerntet. Und ich war so stolz auf sie. Dass sie sich getraut hat, vor allen Leuten, ganz alleine zu tanzen! 

Zu lauter, elektronischer Musik aus den fetten Lautsprecherboxen! Wo gerade noch besinnliche Kreistänze stattfanden, im schwebenden Reigen der Waldorfschule, rockte Loli plötzlich zu lauten Bässen die 'Grüne Mitte'. Verbunden mit sich und der Musik. Irre, wie sie da ganz vertieft tanzte. Und die Leute strömten herbei und schauten und staunten und applaudierten.

Nach ihrem Auftritt zitterte sie am ganzen Körper. Solch eine innere und äußere Anstrengung schien es für sie gewesen zu sein. Irre, was sie da geleistet hat. 

Aber das war eigentlich gar nicht das grosse Highlight des Familienwochenendes, denn vor allem hat Greta, Lolas grosse Schwester, ihren Schubabschluss gefeiert. Endlich Abitur, nach 12 langen Schuljahren, und das mit Bravour!

Am Freitag war die festliche Abiverleihung ....

... und am Samstag der rauschende Abiball.


Mit Schüler - und Lehrerband, und wilder Musik bis um 4.30 Uhr morgens. Ricardo und ich sind nur bis 2 Uhr geblieben, und haben die Tanzfläche den wild feiernden Schülern und Lehrern (!) überlassen. Was für ein Fest!  Hier noch eine kleinen Impression mit Lola vom Beginn des Abends, als alle noch ganz festlich und 'korrekt' aussahen und brav an ihren Tischen saßen.

 

Wie die Jahre geflogen sind und aus der kleinen, ja immer schon selbstbewussten Greta eine so souveräne, offene und lebenslustige junge Frau geworden ist. Während der letzten Monate, ihrer Abiprüfungen und der Vorfreude auf den letzten Schultag, habe ich gar keine Zeit gehabt zu realisieren: dass sie bald ihren eigenen Weg geht.  

Jetzt im Sommer reist sie mit Lola erstmal wieder zur Familie nach Spanien, dann für zwei Monate mit Interrail quer durch Europa. Und dann? "Mal schauen", sagt sie. "Erstmal chillen". Nach einer kurzen Schrecksekunde denke ich: ja, klar! Sie hat es sich wirklich verdient. Und aus der Ruhe und Entspannung heraus, den vielen neune Eindrücken, sind ja schon viele gute Ideen geboren... 

 

Aber damit der Highlights des Wochenende nicht genug. Wie es der Zufall wollte, stand auch Pavel am Wochenende auf der grossen Bühne! Mit dem Musical 'Peter Pan' in der Musikalischen Komödie, gemeinsam mit dem Kinder- und Jugendopernchor, wo er eines der verlorenen Kinder spielte und sang.

Eine wahrhaft beeindruckende Vorstellung, mit 90 Kindern und Jugendlichen, mit tollen Kostümen, Choreografien, grossartigem Gesang und einer Spannung bis zur letzten Sekunde. Monatelange Arbeit liegt hinter den Kindern. Und Pavel hat so manches Mal gestöhnt und geächzt wegen der vielen und harten Proben, bis spät in den Abend (nach der Schule). Aber ja, es hat sich gelohnt! Er war überglücklich und stolz. Und am Sonntag war die ganze Familie (die ja zu Gretis Abi angereist war) in der Vorstellung und alle waren natürlich begeistert. 

Ja, dieses Wochenende hatte es in sich. Und ich bin froh und stolz auch auf mich, es doch recht entspannt und gut gedeichselt zu haben... Als Hintergrundorganisatorin, Caterer, Shuttleservice. 

Und habe mich natürlich gefreut, dass ganz nebenbei sowohl Spanien als auch Deutschland ihre ersten Vorrundenspiele gewonnen haben. Was vor allem Lola begeisterte .. hier kurz vor dem 5:1 beim Public-Viewing auf der Karl-Heine!


Ja, davon musste ich Euch einfach mal berichten. Auch, um es für mich festzuhalten, diese wundervolle Zeit. Dankbar und glücklich. War es doch so viel und intensiv und schön, dass ich es selber kaum fassen konnte. Als wären die Ereignisse schneller als meine Fähigkeit, sie zu verarbeiten. Erst jetzt im Nachhinein, im Drüberschreiben, kann ich es so langsam realisieren. Danke dafür! Auch und vor allem an Euch drei wunderbare Kinder! 
 
Jetzt kann der Sommer kommen!!!

Sonntag, 26. Mai 2024

Suzuki-Geigenworkshop in Weimar

Am Wochenende habe ich Lola bei einem Suzuki-Geigenworkshop nach Weimar begleitet. Wo sie zusammen mit knapp 50 anderen Kindern ein Wochenende lang Geigen-Workshops besucht hat, um ein Abschlusskonzert für den heutigen Sonntag vorzubereiten. Und sie war einfach unglaublich!

Sie hat bei ALLEN Workshops hochkonzentriert mitgemacht, in einer Gruppe ihr größtenteils neuer Kinder, mit fremden Lehrern. Die Stücke kannte sie natürlich, teilweise seit Jahren. Aber vieles war vollkommen neu für sie. Doch sie war hochengagiert. Von Anfang bis Ende!

Niemals hätte ich das zu hoffen gewagt. Braucht sie doch in der Schule immer sehr viel Begleitung, Motivation und vertraute Kontexte, um mitzumachen. Und dann auch nur mit häufigen Phasen von Müdigkeit, Durchhängen, Rumliegen, ... 

Und am Freitag, dem ersten Workshoptag, kam sie gerade vom Landwirtschafts-Praktikum, wo sie die Woche über auf einem Bauernhof in Leipzig gearbeitet hatte: Tiere gefüttert, Kohlrabi geputzt und Gräben geschaufelt. War müde und fertig mit der Welt. 

Doch kaum waren wir in Weimar, war sie wie verwandelt. Lauschte der Musik, packte ihre Geige, und stand drei Tage lang bei allen Workshops wie eine Eins. Geigte konzentriert und wirklich gut mit, selbst in den Pausen wollte sie nicht sitzen.

 

Sie war unglaublich stolz, endlich bei den 'Großen' mitgeigen zu dürfen. Denn mittlerweile spielt sie schon das 1. und 3. Menuett von Bach, und konnte bei einem Großteil der Stücke mitspielen - so fleissig und ehrgeizig, wie ich es nie vermutete hätte. Flog sie mal raus, liess sie sich nie entmutigen, versuchte einfach ihr Bestes. Und blieb dabei, mit immer gleicher Freude und Konzentration. Selbst nach zwei Stunden Generalprobe und zwei Stunden Konzert stand sie hinter ihrem Notenständer und spielte. 


Dass sie Freude hat am Workshop, hätte ich gedacht, aber dass sie so selbstdizipliniert und straight mitmacht, ohne jeden Hänger, hätte ich im Traum nicht geglaubt. Es war unglaublich für mich zu sehen, was sie kann, wenn SIE will. Und ja, Geigen macht ihr einfach Spass! Und sie will es. 

Und das liegt sicher auch an der Suzuki-Methode, die mit einem festen Repertoire arbeitet, das alle Kinder über die Jahre erlernen. Wo sie in Gruppen spielen, und viel von den anderen Schülern nachahmen können. Und ihren Fähigkeiten entsprechend in Gruppen eingeteilt sind - und nicht nach Alter. So dass Lola immer das Gefühl hat, kompetent und gut zu sein in ihrer Gruppe.

Sicher ist ihre Freude und ihre Erfolg auch ihrer tollen Lehrerin Iokine zu verdanken, die an sie glaubte vom ersten Tag an. Sie behandelt wie jedes andere Kind. Und die einfach aus allen Kindern das Beste herauslockt, mit einer einzigartigen Mischung aus Wärme und Klarheit, Ernsthaftigkeit und Humor. Solche Lehrer müsste es viel öfter geben. Die die Fähigkeiten der Kinder sehen, und viel von ihnen verlangen, aber immer mit einem Lachen und der nötigen Prise Humor.

 

Lolas Erfolge beim Geigen zeigen, was alles möglich ist, wenn man einfach dran bleibt - und in kleinen Schritten stetig in dieselbe Richtung geht. 

Drei Jahre lang hat Lola 'Mi und La-Saiten Liedchen' gespielt. Zwei weitere Jahre gebraucht, bis sie 'Leuchte leuchte kleiner Stern' spielte (was die Kinder sonst spätestens nach einem halben Jahr können). Weitere zwei Jahre brauchte sie, bis sie Fuchs und Alle Vöglein spielen konnte. 

Aber 2021 hatte sie einen echten 'Durchbruch', seit sie selber alleine zu Hause zu üben begann (in der Corona-Zeit, vor lauter Langweile!). Und spielte nun laufend neue Stücke. Bis sie letztes Jahr eben mit den Menuetten von Bach begann, die sie jetzt gemeinsam mit allen im Konzert spielen konnte. In einem Wahnsinnstempo.

Ja, ich freue mich wirklich, dass sie beim Geigen solche Erfolgserlebnisse haben kann, die ihr in so vielen Lebensbereichen, auch im schulischen Bereich, oft verwehrt bleiben. Weil die Anforderungen zu hoch sind, Lehrer und Pädagogen ihr Dinge nicht zutrauen oder zu früh das Handtuch werfen. Gerade wenn es am Anfang so lange dauert, bis sie etwas erlernt hat. 

Beim Geigen ist sie zum Glück dran geblieben und hatte tolle Lehrer, die an sie glauben. Ihnen allen mein tiefster Dank!!!

Und ja, hier noch ein Link zum letzten Geigenworkshop in Weimar 2015, wo Lola als 7-jährige schon einmal dabei war, in der Pre-twinklegruppe bei Gino! Wie lange ist das her...

Sonntag, 28. April 2024

Die heilende Kraft des Waldes

 

Gestern durfte ich einen Schreibworkshop im Leipziger Auwald geben: „Greewriting“. Und es war wieder solch ein besonderer Tag. Immer wieder erstaunlich die Wirkung des Waldes auf unsere Seele.

Der Auwald war ein Meer an Bärlauchblüten, in das unsere kleine Schreibgruppe mitten hinein getaucht war. An verwunschene Orte, wo alte gefallene Bäume inmitten der weissen Blütensterne lagen, überwuchert von jungem Efeu. Wo sich Tod und Leben kaum trennen lassen. Die Vergänglichkeit alles Lebens so präsent ist, doch ebenso die stete Wiedergeburt.

Im reinen Beobachten und Beschreiben der Natur des Waldes, der wilden Pflanzen, Tiere, Insekten, des Lichtes, kam eine ungeheure Ruhe über uns. Und das Gefühl, Teil des Kosmos zu sein, geborgen in den natürlichen Gesetzen vom Kreislauf des Lebens. 

Immer wieder ein Wunder! Täglich vor unserer Haustür. Würden wir doch öfter uns die Zeit nehmen, in das Wunder des Waldes mit offenen Augen einzutauchen. Danke dafür!