Sonntag, 5. Januar 2014

Ferien ade, scheiden tut weh...

Heute ist der letzte Ferientag. Morgen geht der Alltag wieder los. Naja, noch nicht so ganz. Denn die Mädels kommen erst am Dienstag aus Spanien wieder zurück, so dass der richtige "Schulalltag" erst am Mittwoch wieder losgeht. Aber morgen muss ich auf jeden Fall zur Arbeit, Pavel geht wieder zu Annette. Unser Tag wird wieder getaktet und durchstrukturiert. Und ein bisschen graut mir schon jetzt.

Ich freu mich auf die Kollegen. Freu mich darauf, wieder ein paar Stunden ungestört mein Köpflein rauchen zu lassen, an einer Sache zu arbeiten.

Aber wieder das ganze Holen und Bringen der Kinder, die Termine vor und nach der Arbeit (Geigen, Malen, Logo, Frühförderung), mal ganz abgesehen von der Haushaltslogistik (Einkauf, Wäsche, Küche, "Ordnung und Sauberkeit", ... ). Alles wieder unter einen Hut bekommen. Keine Ahnung, wie ich das vor drei Wochen geschafft hatte. Eben nicht, glaube ich mich zu erinnern...



Abends der Wunsch, den Tag um mindestes eine Stunde, besser zwei verlängern zu können, um wenigstens etwas Zeit ganz für mich alleine zu haben. Und dann noch um eine dritte, denn neben den drei Kindern bin ich ja auch noch Frau und habe einen Mann. Und gerade die Zeit und die Gespräche mit ihm geben mir oft die Kraft, den Alltag mit Energie und Hingabe zu bewältigen.



Aber dafür war vor den Ferien dann wirklich keine Zeit. Das passte einfach nicht mehr in den Tag. Dafür hätten wir die 25. Stunde gebraucht. Konflikte waren vorprogrammiert...

Zum Glück haben wir jetzt drei lange Wochen ganz für uns gehabt. Naja, neben Familie und Feiern und Arbeit. Denn der Mann hatte auch beruflich zu tun. Aber Zeit war trotzdem genug da. Zum Wandern, und lange Frühstücken. Zum Erzählen und Schlafen und langsam wieder aufwachen. Zum Toben mit Pavel und am Strand Löcher buddeln. Zeit, zum Auftanken.



Und morgen? Da geht das ganze Spiel wieder los.

Aber ist das ein Leben? Ein Leben im Hamsterrad der Zivilisation? Nein. Ich will, ich muss mir mehr Freiräume schaffen. Mehr Zeit für mich. Mehr Zeit zum Müßiggang. Mehr Zeit, einfach mit den Kindern dazusitzen und Bücher anzuschauen, so lange sie wollen. Zum Tanzen und Musik hören. Zum Lesen und Schreiben. Zum Spazieren und Träumen. Zu allem, wofür es sich lohnt zu leben. Und oft haben wir diese Zeit auch. Aber oft auch nicht.

Aber an welcher Stelle soll ich kürzen? Weniger arbeiten? Das geht finanziell nicht. Weniger Termine in der Woche für die Kinder? Das wäre schade. Gerade die Geige machte Greta sehr viel Spass. Und das Malen auch. Und Logo für Lola muss sein. Und Frühförderung auch.



Das einzige wo ich wirklich kürzen könnte, wäre das Programm zu Hause. Zum Beispiel Geige üben mit Greta. Und 'Sprechen' üben mit Lola. Denn das sind die beiden Punkte am Tag, wo die Mädels nicht unbedingt immer begeistert mitmachen. Manchmal sehr, da holt Greta direkt nach der Schule die Geige raus und fiedelt begeistert ihre neuen Lieder. Ganz ehrgeizig, bis sie das neue Lied auswendig kann. Aber oft will sie auch gar nicht üben. Eigentlich nie wieder. Weil sie Geige 'hasst'.

Wie viel Einfühlung braucht es dann, ihr zu vermitteln, dass es so wichtig ist, an einer Sache dran zu bleiben. Etwas täglich zu wiederholen, auch wenn es schwer ist und vielleicht langweilig erscheint. Denn erst die vielen kleinen regelmässigen Schritte machen es möglich, dass sie auch die anderen Stücke spielen lernt. Das 1. Menuett von Bach, das sie unbedingt jetzt schon spielen will. Und natürlich den "Fröhlichen Landmann". Wie einfach wäre es, ihr zu sagen. "Ach gut. Dann lass das heute einfach mit dem üben, wenn dir danach nicht ist." Es gibt doch einfach Tage, wo man keine Lust hat. Würde sie morgen oder übermorgen vielleicht wieder üben, von sich aus? Traue ich ihr das nur nicht zu? Vertraue ich nicht genug? Oder muss man das lernen, durch die Eltern. Diszipliniert an einer Sache dran bleiben....? Wie viel einfacher wäre es, es ihr zu überlassen, ob sie übt oder nicht. Aber wäre das fair? Würde sie nicht eine wichtige 'Lektion' verpassen?

Und mit Lola 'Sprechen' üben. Genau die gleiche Frage, nur noch viel essentieller. Weil es nicht darum geht, ob Lola Geige spielen kann oder nicht. Sondern ob sie Sprechen kann oder nicht. Ob sie endlich die Mittel an die Hand bekommt bzw. in den Mund, an den Gesprächen um sie herum teilzuhaben. Ihre Bedürfnisse und Wünsche mitzuteilen, auch den anderen Kindern und fremden Menschen, die ihre Gebärden und selbst erfundenen Worte nicht kennen. Und in ihren blitzenden Augen nicht lesen können.

Und wie begeistert macht Lola manchmal mit. "Ri Ro?", fragt sie abends schon ganz aufgeregt. Ja, die Silben lesen. Ra re Ri Ro Ru. Voller Begeisterung und Stolz macht sie das. Immer wieder. Ich kann es selber manchmal nicht glauben. Aber dann am nächsten Tag, wenn ich "Scha Sche Schi" einführe, und sie merkt, dass es ihr schwer fällt, springt sie jedes mal auf. Will wegrennen. Hat keine Lust. Und es kostet solche Überredungskunst, Anreize setzen, positiv verstärken, mit Entzug drohen, lauter werden, leiser werden, Witze machen, dass die 10 Minuten Silben lesen zum halbstündigen Kampf ausarten und ich mich frage, ob es das wert ist.



Ja, ist es wert. Aber immer? Bin ich zu verbissen? Sollte ich es spielerischer machen? Andere Dinge üben, wenn sie grad keine Lust hat. Das ganze geschickter verpacken. Aber mir die passenden Spiele auszudenken, dauert so viel Zeit in der Vorbereitung. Die ich nicht habe.

Und daneben sitz ja auch noch Pavel, der "Brummbrumm" Auto spielen will. Und "Wauwau" Bauernhofbücher anschauen will. Und "ham ham" Hunger hat.




Wenn ich abends mit Greta nicht Geige üben würde und mit Lola nicht 'Sprechen', wäre unser Alltag auf jeden Fall entspannter. Aber kann ich das wirklich machen? Es ist für die beiden so wichtig.

Ich sollte an meinem Schlafbedarf arbeiten. Vielleicht durch Power-Yoga so entspannt werden, dass ich mit 5 Stunden Schlaf pro Nacht auskomme. Dann wäre der Alltag gerettet. Ich arbeite dran....


6 Kommentare:

Alexandra hat gesagt…

Liebe Amelie,
nur kurz ein praktischer Tipp: wenn Ihr eine Pflegestufe für Lola bekommt, dann stehen Euch zusätzlich 1500 Euro Verhinderungspflege im Jahr zu. Wir lassen uns die auszahlen und leisten uns davon 14tägig eine Putzhilfe. Das nimmt nicht den ganzen Stress, aber es hilft ein bisschen.Liebe Grüße,

Alexandra

Maggie hat gesagt…

Liebe Amelie,
ein nachdenklich machender Post und ein so verständlicher zugleich. Die Entscheidung ganz den Kindern zu überlassen halte ich für falsch. Sie können das große Ganze einfach noch nicht übersehen. Aber vielleicht geht es ja im "Kleinen"? Wie wäre es denn, wenn Du einen Zweitagerhythmus einführst. Zwei Tage werden geübt und am dritten Tag ist das Üben freiwillig? Wollen die Kinder ist es super und Du kannst vermitteln, wie toll Du das findest/Dich darüber freust. Wollen sie aber mal nicht, ist das auch ok, ohne Repressalien. Die nächsten zwei Tage wird wieder nach Deinen Vorgaben geübt. Eventuell kannst Du so zwei Abende die Woche entzerren?
Und ihr werdet wieder in Euren Alltag reinfinden, auch wenn es bestimmt schwer und organistionsreich ist. Morgen werden Deine Mädels kommen und Du wirst jede Menge tolle Berichte der Kinder hören. Heute feieren sie sicher noch die Ankunft der Heiligen 3 Könige bei den Abuelos. Ich bin gespannt, wie Lola sich in dieser Zeit verändert hat. Oft (zumindest vom Lesen nach) kommt sie ja ein wenig "größer" aus Spanien zurück.
Euch ein gesegnetes, gesundes und glückliches neues Jahr,
lieben Gruß, Maggie

Alexandra (noch mal) hat gesagt…

Liebe Amelie,

bei mir führt der Familienstress offenbar zu Konzentrationsschwierigkeiten... Mir ist noch eine echte Unterstützungsmöglichkeit eingefallen: eine Einzelfallhilfe für Lola. Wir haben das seit fast zwei Jahren für Marlene und das nimmt uns soo viel ab. Wird vom Jugendamt finanziert, beantragt wird es über einen Träger für Behindertenhilfe (den musst Du nur suchen, die Leute dort machen das dann alles). Wir haben einen Nachmittag pro Woche, an dem Marlene aus der Kita geholt und uns um 18 Uhr nach Hause gebracht wird. In der Zwischenzeit spielt (und übt) sie einfach mal mit jemandem anderes. Und wir haben einfach mal Zeit für uns, für den kleinen Bruder usw. Und alles ohne schlechtes Gewissen, weil Marlene ja wirklich gut betreut wird. Ihr könntet zB das Sprechenüben im Förderplan festhalten und dann wird das auch gemacht. Unsere Einzelfallhelferin geht auch ab und an mit zur Logo und schaut sich an, was gerade aktuell ist. Manchmal treffen Einzelfallhelferin und sie auch ein anderes DS-Kind mit Einzelfallhelfer/in und machen was zusammen. Also, es ist eine win-win-win-Situation für alle!
Liebe Grüße,

Alexandra

amelie hat gesagt…

Liebe Alexandra, vielen Dank für deine Tips. Pflegegeld bekommen wir, das hilft schon sehr. Unter anderem um eine Putzhilfe zu bezahlen. Seitdem krieg dich den Haushalt überhaupt irgendwie hin. Aber das mit der Einzelfallhilfe ist echt eine tolle Idee. Da werd ich mich mal schlau machen, das würde den ein oder anderen Nachmittag auf jeden Fall entspannen.

Liebe Maggie, auch dir danke für deine Ideen. Vielleicht probier ich das wirklich mal aus. Greta hilft das immer sehr, wenn sie merkt, dass sie etwas selber entscheiden kann. Sie will sich eben gross und erwachsen fühlen. Das jeden dritten Tag ihr zu überlassen, könnte sie sehr gut finden....
Und ja, auch ich bin gespannt auf die 'große' Lola. Welchen Sprung sie jetzt wieder in Spanien gemacht hat. Das stimmt, das macht sie immer... Morgen Abend kann ich die beiden wieder knutschen und knuddeln. Dann sind wir wieder rund als Familie.

Ganz liebe Grüße an Euch,
Amelie

Elisabeth J.-S. hat gesagt…

Liebe Amelie ... ersteinmal wünsch ich Euch ein Jahr 2014, dass Euch Eure Wünsche erfüllt. Nach Ruhe, nach Pausen, nach weniger von all dem was Du so deutlich in Dein tollen Post geschrieben hast.
Ja, Maggie hat es schon geschrieben. Umstrukturieren, es sich wirklich ein bisserl leichter machen. Ich habe viel Kontakt zu einer Mama mit einer Lisa, sie hat auch DS. Die Kleine hat erst mit 7 Jahren angefangen ganz, ganz viel zu sprechen. Da war die Mama schon mit allem was ihr einfiel am Ende. Oft traurig, hat Stress fürs Kind und für sich gemacht. Es kann auch so kommen, vielleicht hilft Dir das wenn ich Dir erzähle, dass die Hoffnung gar nicht aufgegeben werden muss, dass manchmal das Gras noch ein bisserl langsamer wächst ... Mach es Dir einfacher, es ist bestimmt nicht verkehrt!
Schau auf Dich, auf Euch. Das ist für das Ganze so wichtig. Mama und Papa seid Ihr noch ewig lang, für immer. Da braucht Ihr noch viel Kraft und Nerven. (jetzt klingt grad durch, dass mein Teenager-Mädel momentan soo anstrengend ist!)
Robert ist immerwieder am Wochenende in einer wunderbaren Kurzzeitpflegestelle. Du glaubst gar nicht wie sehr uns diese Auszeiten guttun. Er hat sich dort schnell eingewöhnt, Freunde gefunden. Seine Lieblingsfreundin dort ist vier Jahre alt, ein Mädel mit DS. Die beiden bekommen schon länger die gleichen Wochenendtermine, weil sie so gut zusammenpassen. Die Kleine ist ohne Probleme an diesen Wochenenden in der Kurzzeitpflege. Wir haben die Stelle über die Lebenshilfe gefunden. Kannst Du Dir sowas vorstellen für Euch?
liebe Grüsse, Ihr werdet das Richtige finden!
Elisabeth

amelie hat gesagt…

Liebe Elisabeth,
danke für deine lieben Worte. Ja, Geduld. Die muss ich bestimmt haben. Aber Lola überrascht uns ja gerade in letzter Zeit sprachlich sehr. Und ich glaube fest daran, dass sie bald wie ein Wasserfall sprechen wird. Ich sollte wirklich etwas mehr entspannen..... Ich weiß noch, wie ungeduldig ich war, wann sie endlich krabbelt oder läuft. Und dann kam es doch alles ganz schnell aufeinander und heute kann ich mir meine Sorgen gar nicht mehr vorstellen...
Das mit der Kurzeitpflegestelle am WE klingt auch gut. Da sie aber eh öfters zusammen mit Greta beim Papa ist, kann ich da oft genug 'ausspannen'. Da wäre das für Lola doch sicher etwas zu viel Umgebungswechsel.
Ganz liebe Grüße,
Amelie