Donnerstag, 21. Juli 2022

Ich glaub ich hab Heimweh...

 Ja, manchmal packt es mich doch. Das Heimweh. Die Sehnsucht nach dem Rheinland. Dem Westen. 

Auch wenn ich da gar nicht geboren bin. Sondern erst mit 11 Jahren nach Wuppertal kam. Und das natürlich das Bergische Land ist und gar nicht das Rheinland. 

Aber doch bin ich dort jung gewesen, hab die ersten Parties gefeiert, hab im Theater ganz oben auf dem Rang gesessen und 'Cafe Müller' von Pina Bausch geschaut. Während sie hinter uns stand und rauchte. Wir haben im Cafe Ada getanzt und uns im Köhlerliesel von irgendwelchen fremden Jungs Tequilas ausgeben lassen. Ich hab Nachts bei Franziska 'Imagine' von den Beatles auf dem Klavier gespielt, während alle anderen mitgrölten, und dann kann ich mich erst wieder erinnern, als wir irgendwo draussen im Graben lagen... 

Ja, vielleicht ist es das Heimweh nach der Jugend. Nach diesem Zustand, wenn das ganze Leben wie ein offenes Buch vor einem liegt, und alles ist möglich. So weit offen, dass man sich Zeit lassen kann, man will es auskosten... Seite für Seite. 

Und dann? Dann werden die Seiten irgendwann weniger, und nun bin ich schon ein Stück über die MItte hinaus. Die ersten zwei drei Krisen hat die Heldin (=ich) schon hinter sich gebracht, und der Leser (=auch ich), also die Leserin, hat mitgefiebert, wie sie sich da raus windet. Und klar, sie hats irgendwie hingekriegt, sonst würde die Geschichte ja nicht weiter gehen... Und es gibt bestimmt auch ein Happy-End am Ende, hoffe ich. Obwohl, es ja irgendwann ganz sicher mit dem Tode enden wird. Aber gut, soweit sind wir noch nicht... Also ich. 

Jedenfalls bin ich nicht mehr jung. Aber auch noch nicht alt. Und irgendwie ist das so ein seltsamer Zwischenzustand. Ja, das bezeichnet man wohl geläufigerweise als "Midliefe-crisis", früher zumindest. Aber solche Begriffe helfen bekanntlich nur wenig. 

Das seltsam leere Gefühl bleibt. Auch wenn ich das vielleicht immer schon hatte, und es immer anders bezeichnet und eingeordnet habe.  Jetzt und heute nenne ich es: Sehnsucht. Nach der Jugend, nach der Heimat, nach diesem Reich, das verloren zu sein scheint, an so vielen Tagen. Denn in der Zeit können wir nicht zurück, "Das wird der Menschheit nicht gelingen", erklärte mir Pavel, mein jüngster Sohn neulich.

Doch stopp: wie ich schon gestern schrieb, zum Glück bleibt eins, die Musik. Und die, die bringt mich sofort wieder zurück. In dieses Lebensgefühl, in diesen Raum der Möglichkeiten, an den Anfang des Buches. 

Und besonders gut gelang dies am letzten Sonntag. Als wir um 1 Uhr nachts beim Moorbauern tanzten und sangen, besser grölten, zu dieser Musik, die alles zusammenfasst."Tommi" von AnnenMayKantereit.


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