Dienstag, 21. Oktober 2025

Verfahren....

 Seit ein paar Monaten fährt Lola jeden Montag mit der Tram alleine von der Schule zum Geigen. 

Da die Tram wegen Bauarbeiten auf der Karli umgeleitet wurde, hielt sie bis vor zwei Wochen fast direkt vor dem Geigenstudio von Iokine. Ein Weg, den Lola locker alleine zurück legen konnte.

Leider hatte ich gestern früh ganz vergessen, Lola zu sagen, dass die Tram nun wieder normal fährt. Und sie am Südplatz aussteigen soll, um die paar Strassen zu Fuß zu gehen. 

Erst Mittags fiel es mir ein.  Und kurz fragte ich mich, ob ich sie doch lieber von der Schule abholen sollte. 

"Ach, sie wird das schon alleine hinkriegen", dachte ich mir. Und zog es vor, mich zu Hause noch für ein halbes Stündchen hinzulegen. Und dann erst gemütlich zum Geigen zu gehen, um sie abzuholen. 

Etwas aufgeregt war ich aber schon, als ich die Türe zum Studio öffnete. Nicht, dass sie am Ende doch nicht angekommen war, und irgendwo durch die Strassen irrte? 

Doch eine fröhliche und sehr entspannte Lola sprang mir entegen. 

"Mama, ich heute zu spät kommen", sagte sie fast stolz. 

"Bist Du zu spät im Schulclub los gegangen?" fragte ich. 

"Nein, Strassenbahn verfahrt. Ich aussteigen. Und andere Strassenbahn nehmen. Dann erst zum Geigen kommen. Alles verpasst." 

 Nein, sie hatte sich also wirklich verfahren? Und war doch zum Geigen gekommen? 

Nach einigem Nachfragen bekam ich heraus, dass sie am Connewitzerkreuz ausgestiegen war, um dort die 9 zu nehmen, die auch direkt vor dem Geigenstudio hält. Weil sie keine Lust hatte, den langen Weg vom Südplatz zu gehen. 

Doch leider war sie in die falsche Richtung gestiegen und wieder zu ihrer Schule gefahren. Was sie glücklicherweise sofort gemerkt hatte und wieder ausgestiegen war. Hatte die Strasse überquert und dann die Tram in die Gegenrichtung genommen. Und war schließlich wie geplant direkt am Geigenstudio angekommen, ohne langen Fussweg. Nur mit einer kleinen Verspätung. 

"Wow, Lola. Das hast du ganz alleine geschafft?" 

Ich war wirklich baff. Denn das hätte ich ihr niemals zugetraut. Auch auf die Idee zu kommen, am Kreuz umzusteigen, um die 9 zu nehmen. Woher wusste sie überhaupt, dass die diesen Weg fährt? 

"Klar, Mama. Bin groß", sagte sie grinsend, zuckte mit den Schultern und marschierte fröhlich vor mir her. Das bewältigte Abenteuer alleine hatte sie sichtlich mit Abenteuergeist und Stolz erfüllt. 

Und wieder habe ich das Gefühl, dass ich sie oft doch gewaltig unterschätze. Und ihr definitiv mehr zutrauen - und zumute sollte. Und sie nicht mehr so verhätscheln und überbehüten. Was sie scheinbar eher hemmt, und künstlich 'klein hält'. 

Ich bin gespannt, was sie demnächst noch so alles alleine unternimmt. 

Zu Besuch beim Studentinnenleben in Freiburg