Seit Jahren führe ich diesen Blog, 'Lolas verrückte Welt'. Seit 2008! 16 Jahre, eine unglaublich lange Zeit. Aber: der Blog ist hoffnungslos in die Jahre gekommen. Alte Bilder von Lola, alte Bloglinks, die ins Nirvana führen, uralte Literaturhinweise. Keine Möglichkeit, die Artikel zu teilen. Überall liegt Staub auf dem hoffnungslos aus der Mode gekommenen Design.
Und so recht kann ich auch den richtigen Ton nicht finden, hier zu schreiben. Als würde ich ins grosse Nichts schreiben. Und frage mich, ob es überhaupt noch jemand liest. Da es praktisch keine Kommentare mehr gibt. Auch wenn ich an den Leserzahlen sehe, dass es viele Menschen täglich lesen. Obwohl ich so unglaublich selten nur noch poste. Aber dennoch - das fehlende Feedback macht es schwer einzuschätzen, an wen ich schreibe und wer das liest. Als würde ich mich auf eine Bühne stellen, ohne Publikum. Und natürlich fehlen mir die Worte und die Inspiration.
Und dennoch schreibe ich gerne hier. Nach dem Schreiben fühle ich mich gut, glücklich, energetisiert. Allein die Möglichkeit, dass es jemand liest, ist inspirierend. Ich schreibe anders, wenn ich weiß, dass es jemand lesen könnte. Auch wenn ich die Zeiten vermisse, da es ein enges Netz an Menschen gab, die hier regelmässig gelesen und Kommentare hinterlassen habe. Mir fehlt der Austausch, auch die Inpsiration durch andere Blogs.
Es gibt so viel, über das ich gerne berichten würde. Aus meinem Leben, Denken, Fühlen. Natürlich über die Eindrücke des Alltages mit einer heranwachsenden Tochter mit Down-Syndrom. Immer noch das Kernthema dieses Blogs. Doch auch über die vielen anderen Ideen, Eindrücke, Fragen, die mich beschäftigen.
Doch ich kenne kaum noch andere 'personal Blogs', wo Menschen einfach aus ihrem Leben berichten. Die meisten sind zu instagram gewandert. Posten schöne Bilder, witzige Stories, haben ein Business gemacht aus ihren Geschichten, oder nutzen instagram für ihr business. Doch ich bin da nie richtig angekommen bisher. Fühle mich fremd, oft überwältigt von den vielen accounts, tollen Bildern, beeindruckenden Ideen und Geschichten. Bleibe frustriert zurück, wenn ich sehe, was andere dort posten und wie viele Reaktionen sie bekommen. Und wie glücklich und erfolgreich sie damit zu sein scheinen.
Es lenkt mich ab, verwirrt und überwältigt mich. Weil ich selber nicht mitmache vielleicht? Nein, ich merke immer wieder, dass ich diesen Blog hier, der ganz alleine für sich steht, mag. Auf dem ich berichten kann für die Leser und Leserinnen, die extra hierher kommen.
Und ich würde gerne viel mehr schreiben, regelmäßiger, meine eigene Stimme hier wieder entwickeln. Die Menschen hierherzieht. Denn ich glaube oder hoffe, dass es noch Menschen gibt, die nicht nur Erfolgsstories lesen wollen, oder How-to-Anleitungen. Oder Ideen dazu, wie man glücklich und erfolgreich wird, sein Haus auf dem Lande nachhaltig saniert oder seinen Kindern die schicksten Klamotten selber näht. Sondern einfach so am Leben und Denken anderer teilhaben wollen, durch Höhen und Tiefen. Die zum Leben dazugehören, auch wenn sie auf instagram und facebook so selten auftauchen.
Und es hat mich lange gekostet, das hier überhaupt zu schreiben. Mich so verletzlich und unsicher zu zeigen, wie ich wirke, was ich will. Und doch ist es ein Versuch, die ehrlich, zarte, menschliche Stimme wieder zu zeigen, die sich an ein Publikum wendet, egal wie klein, und nicht nur für sich selber schreiben will. So erschien es mir manchmal in letzter Zeit, als würde ich nur für mich persönlich etwas festhalten. Aber nein, das tue ich täglich in meinem Tagebuch. Und hier würde ich eben gerne Menschen ansprechen, erreichen, zu jemandem sprechen bzw. schreiben.
Und so ist mein Plan gewachsen, diesen Blog doch mal wieder zu erneuern. Zu entstauben. Neu zu streichen, zu designen, alle Links zu erneuern. Und wieder regelmäßig zu posten. Geschichten über Lola, die ja nun schon 16 Jahre alt ist. Über das, was sie beschäftigt. Was sie aktuell macht, in der Schule und bald auch beruflich. Und was mich bewegt, in Bezug auf sie und ihr Erwachsenwerden. Aber auch so, in Bezug auf mein Leben als Mutter, als Frau, die nicht mehr ganz jung ist. In dieser Welt, die sich verändert, so schnell, dass ich manchmal gar nicht hinterher komme.
Und dann, so hoffe ich, finden wieder mehr Menschen hierher. Ich würde mich freuen! Sehr sogar.
14 Kommentare:
Liebe Amelie,
ich lese deine Beiträge sehr gerne - und du inspirierst mich oft!!!
Suse
Danke, Suse. für Deinen lieben Kommentar! Es ist schön zu wissen, dass Du es liest. Dass es Dich inspiriert. Und ich doch nicht, wie ich es oft empfinde, ins 'Leere' schreibe. Einen schönen Sonntag Dir!
Liebe Amelie,
Hoffentlich melden sich ALLE ( anonymen) Leser Deines Blogs….
Nur weil bloggen nicht mehr sonzeitgemäss ist/ scheint finde ich es unendlich wichtig,alle Medien zu nutzen um „ Leben zu teilen“
Ich lese seit vielen Jahren bei Dir und habe beruflich und privat mit Menschen die das Downsyndrom haben zu tun.
Für mich ist Trisomie 21 keine Behinderung,sondern eine Bereicherung,weil ich sehr viel lerne im Umgang mit meinem Neffen und meinen Klienten…
Mit meinem Bruder diskutiere ich immer sehr hart meine positive Sicht- er ist der Vater meines Lieblingsneffen und bei ihm überwiegt manchmal der Alltag….
Ich hole mir dann immer Anregung auf Deinem Blog und bin so froh,dass jemand den Mut hat seine Gefühle mit allen zu teilen!
Danke dafür
….. und bitte schreibe weiter! Doro
Danke, liebe Doro, für Deinen aufmunternden und schönen Kommentar. Das freut mich sehr! Und inspiriert mich wirklich, weiterzumachen! Danke.
Amelie
Liebe Amelie,
auch ich lese so gerne - wie es Lola geht, der ganzen Familie.
Habe auch Verwandtschaft mit Down-Syndrom.
Aber ich glaube, fast wichtiger für mich ist beim Lesen (und weswegen ich Deinen Blog so mag), dass Du so ehrlich schreibst, auch mal Selbst-Zweifel hast, es überhaupt nicht um Äußerlichkeiten, sondern das Mensch-Sein geht ... wie es mir auch geht, nur dass ich es nicht so gut mit Worten ausdrücken kann.
Danke dafür! Und ich würde mich sehr freuen, weiter von Dir lesen zu dürfen!
Christina
Danke, Christina, auch Dir für Deine lieben Worte. Dass Du hier gerne liest, auch weil die Zweifel und das 'Mensch-Sein' hier sich zeigen dürfen. Das ermuntert mich wirklich, auch gerade diese Seiten weiter zu zeigen. Die ich an so vielen anderen Orten gerade vermisse. Danke. Für die sehr schönen Worte, die du gefunden hast!
Liebe Grüße,
Amelie
Liebe Amelie
Ich lese auch sehr gerne deinen Blog. Die Mischung aus Beiträgen von Lola, deiner Familie, dir, Leipzig, ... Deine Offenheit. Das gibt es bei Instagram nicht und deshalb mag ich deine ehrliche und sehr sympathische Art zu schreiben. Auch ich habe eine Tochter mit Trisomie 21. Sie ist jetzt 12 Jahre alt. Bitte bitte weiterschreiben.
Herzliche Grüsse, Elke
Danke, liebe Elke! Das freut mich sehr und bekräftigt mich. Auch wenn ich wieder nicht viel geschrieben haben, es doch wieder mehr zu machen. Danach fühle ich mich immer ganz beschwingt. Und freue mich, wenn es anderen etwas gibt. Ganz herzlich, und alles Gute Euch, Amelie
Hallo, noch nie habe ich einen Kommentar unter einem Blogbeitag geschrieben aber dein Text hat mich sehr berührt. Ich schaue mehrmals in der Woche ob du etwas Neues geschrieben hast und freue mich über jeden Beitrag. Das dritte meiner vier Kinder hat eine genetische Veränderung und daraus resultierende Behinderung. Deinen Blog habe ich aber schon vor seiner Geburt gelesen. Irgendwie scheint es mir als habe ich geahnt auch ein Kind mit Sonderausstattung zu bekommen…. Unbekannterweise
fühle ich mich doch auf eine Art mit dir verbunden.
Lieben Gruß Nora
Hallo Amelie,
mein Leben ist ganz anders als deines, aber gerade deshalb lese ich so gerne "Alltagsblogs" wie deinen: weil sie mir einen Einblick in ein anderes echtes Leben geben und so meine eigene kleine Welt für all die anderen unbekannten Welten öffnen. Ich würde mich freuen, wieder öfter von dir zu lesen!
Viele Grüße
Anna
Liebe Amelie,
genau das, was du beschrieben hast, lässt mich seit vielen Jahren an deinem Blog festhalten: alltägliche Momente, ehrliche, verletzliche, menschliche Einblicke in euer Leben. Immer wieder schaue ich in unregelmäßigen Abständen hier rein und lese mich dann vor bis zum neusten Beitrag. Ich genieße die Langsamkeit und die Schlichtheit des Mediums, nichts muss aufpoliert werden, alles darf einfach sein. Interessanterweise bin ich auch seit einiger Zeit großer Fan des Zeit-Newsletters, früher dachte ich immer Newsletter seien altmodisch. Wie du selbst schrecke ich vor Instagram zurück, obwohl ich dort manchmal gerne Rezeptbilder anschaue...
Dein Blog begleitet mich selbst auch beim Erwachsenwerden. Mit 18 habe ich ihn entdeckt, inzwischen bin ich 27 Jahre alt. Deinen Blog habe ich in ganz verschiedenen Lebensphasen gelesen, im Ausland zunächst, in einer Studi-Stadt, inzwischen in Hamburg. Der Einblick in die Gedankenwelt einer Frau, einer Mutter war für mich von Anfang an sehr interessant, auch weil meine Lebenssituation so anders aussah und auch immer noch aussieht. Das ist auch das Schöne: zu sehen, wie ähnlich doch viele Gedanken sind, wie man sich verbunden fühlt.
Ich hoffe, der Blog bereitet dir weiterhin Freude und Momente des Innehaltens.
Viele Grüße
Ann
Lie Amelie. Ich lese gerade dein Buch und bin darüber auf deinen Blog gestoßen. Und ich glaube, ich habe vor drei Jahren auch eine Reportage über euch gesehen? Meine kleine Tochter Mina mit Down Syndrom ist jetzt 2,5 Jahre alt und unser großes Glück! Wir haben die Diagnose in der Schwangerschaft bekommen und seitdem lese und lese und lese ich! Natürlich auch viel bei Instagram, aber grad freue ich mich so sehr, dass Lolas Geschichte hier auf deinem Blog weitergeht! Denn Berichte über kleine Kinder gibt es sehr viele, aber ich bin natürlich auch oder vor allem sehr interessiert an möglichen Ausblicken in die Zukunft! Deshalb danke dafür, dass du Einblicke aus eurem Leben teilst. Viele liebe Grüße aus Hamburg. Anna
Vielen Dank Euch allen, die Ihr in den letzten Wochen noch so aufmunternde und herzliche Kommentare geschrieben habt. Das freut mich sehr, dass mein Mich-Mitteilen in allen Momenten doch so berührt, inspiriert, zum Nachdenken anregt. Ihr Euch darin widerfindet, was auch immer. Das Leben ist oft so voll, dass ich nicht den Raum zum 'posten' finde, aber ich freue mich immer wieder, wenn ich es schaffe... Und auch Einblicke schnekne kann in das Leben mit einem älteren 'Kind', bald erwachsen.
Einen herrlichen Sonnen-Sommertag wünsche ich Euch, und grüße Euch alle, Amelie
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