Donnerstag, 6. Februar 2025

Auf in die neue Europäische Kulturhauptstadt - nach Chemnitz!

Wir haben einen freien Tag, mitten in der Woche. Und wollen die neue europäische Kulturhauptstadt Chemnitz 2025 besuchen. Ich bin voller Vorfreude. Um Kulturhauptsstadt zu werden, wird die Stadt sicher einiges zu bieten haben. 


Ich habe von einem Garagen Projekt gehört. Eine Fotografin hat 143 Menschen mit Garagen aus DDR Zeiten interviewt, fotografiert, ihre Lebensläufe und die Bedeutung der Garagenkultur in der DDR - und heute - erinnert. Die Bilder sollen in der ganzen Stadt an verschiedenen Orten ausgestellt sein. Ich halte es für eine tolle Idee, auf die Weise diese vielversprechende Stadt zu erkunden. 

Um 9 Uhr stehen wir am Hauptbahnhof in Chemnitz. Bereit für eine Ortserkundung. Die Sonne scheint. Ich erwarte gelbe Pfeile, ähnlich denen auf dem Jakobsweg, von Garagenfoto zu Garagenfoto. Aber wir finden nur eine menschenleere Innenstadt mit Gebäuden aus DDR-Zeiten. Den eingerüsteten 'Nischl', die Büste von Karl-Marx. Und ich fühle mich zurückversetzt in meine Studienzeit in Ost-Berlin in den neunziger Jahren. 

 Vor der Hartmann-Fabrik, dem Informationszentrum für Chemnitz 2025, treffen wir zwei ältere Damen. Die darüber schimpfen, dass es doch hier in der Stadt überhaupt nichts zu sehen gibt. 

"Nur ein totes Pferd", sagt eine und deutet auf ein Reiterdenkmal mit einem schlafenden Pferd.

 

"Und da drüben, den deutschen Pleitegeier", sagte ihre Freundin und deutet auf eine goldene Skulptur im neu angelegten Skulpturenpark. Lokalpatriotimsus und Stolz auf die eigene Heimatstadt sehen anders aus. 


Mein Freund ist dankbar für das Gespräch, ich bin schon jetzt ernüchtert. Nur die Vorfreude auf die spannende Garagenausstellung hält mich in der Geraden.

Im Infozentrum  im Hartmann-Palast erhalten wir einen Flyer mit den Adressen der 33 Ausstellungsorte. Wir entscheiden uns für drei auf dem Kassberg. "Größtes geschlossenes Gründerzeitviertel in Euopa", erklärt mir die Dame am Schalter mit leuchtenden Augen. Wir stapfen los und stärken uns mit Zimtschnecken und Espresso in einer 'Bakery'.

 

Der erste Ausstellungsort in einem Designladen ist geschlossen. Im zweiten Ausstellungsort, einem Wolladen, finden wir die Bilder kaum zwischen den Auslagen im Schaufenster. "Die passten nicht in mein Farbkonzept", erklärt die Ladenbesitzerin. Drum hab ich sie überhängt." Sie zeigt auf ein Foto mit einer Dame im pinken Pulli. "Nur die passte gut, die darf da oben hängen". Unter dem Foto hängt ein selbstgestrickter Pulli in Pastellrosa, das Foto wirkt wie eine Strickanleitung. Von Garagen und deren Bedeutung erfahren wir nichts.

"Wolle komme von wollen", erklärt die Ladenbesitzerin. Und deutet auf drei liegen geblieben Wollknäuel. "Die mussten erst ein Jahr hier liegen, bevor ich plötzlich wusste, wozu sie gemacht sind."


Im dritten Laden, einer Buchhandlung, hängen die Fotos eingequetscht am Eingang. Wir trauen uns nicht, nach ihrer Bedeutung zu fragen. Im Regal über Chemnitz finde ich einen Stadtführer 'Glücksorte in Chemnitz'. Ich kaufe ihn mir und blättere ihn auf der Rückfahrt im Zug durch. Und schaue mir die Orte an, wo wir heute noch ein paar Glücksmomente hätten finden können. Und andere vor uns auch schon. Es muss sie geben, daran glaube ich. 

Und vielleicht entdecken die Chemnitzerinnen irgendwann auch noch, wofür ihre Stadt gemacht ist. Nicht dass das sächsische Chemnitz am Ende auf Hochdeutsch 'komm nicht' bedeutet. 

Nachtrag: Nachdem wir übrigens unsere Suche nach weiteren Garagenfotos aufgegeben haben, waren wir noch in einer sehr beeindruckenden Otto-Dix Ausstellung im Museum Gunzenhauser und Kuchen essen im Cafe Julius im Schocken. Und allein dafür hat sich der Besuch schon gelohnt. Drum: auf nach Chemnitz!

 

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Liebe Amelie, schade, dass du nicht gefunden hast was du gesucht hast und von der Ausstellung enttäuscht warst. Auf Instagram kannst du unter "3000garagen" nähere Informationen dazu erhalten. Es lohnt sich. Liebe Grüße, Carolin