Mittwoch, 5. November 2014

Ein leichter Fall...

Neulich, bei einer Lesung, meinte eine Zuhörerin zu mir, 'Lola sei aber auch ein leichter Fall, das müsse ich wissen...' Ein leichter Fall? Wovon? In Vergleich zu wem?

Erstens. Keines meiner drei Kinder ist ein 'leichter Fall'. Alle drei sind absolut beratungsresistent, wenn es um für sie grundsätzliche Dinge geht (wie und wann man Geige übt, welche Gummistiefel tragbar sind und wann und in welchem Tempo man sich den Schlafanzug anzieht). Und durch nichts und niemanden dazu zu bewegen, etwas zu tun, was sie nicht wollen.

Und alle drei sind gnadenlose Spiegel meiner Launen. Bin ich im Unreinen mit mir und der Welt und der Tag ohnehin verloren, laufen sie Amok. Beschießen mich, mit provokanten Sprüchen, permanentem Widerstand und übertriebener Langsamkeit.

Immer und immer wieder fordern sie eine starke Mutter, die weiß, was sie will, für sich steht, absolut authentisch ist und gut für sich sorgt. Ohne Mitgefühl für mich und meine Schwächen. Alle drei. Halten mir gnadenlos den Spiegel vor...

Lola ist da vielleicht nur noch gnadenloser. Weil sie die kleinste Nachgiebigkeit, Schwäche, Ambivalenz oder Müdigkeit sofort erspürt. Weil sie so feinfühlig ist, dass sie meine Gedanken über sie lesen kann. Und wenn ich nur die Ahnung davon in mir zulasse, dass sie gleich bestimmt wieder im Auto sitzen bleibt und ich sie wieder nur mit Geschrei rausziehen kann, dann kann ich sicher sein, dass es genau so eintreffen wird... Sie ist die lebendige 'sich-selbst erfüllende Prophezeiung'.

Nein, in der Hinsicht ist Lola kein 'leichter Fall'. Genauso wenig wie ihre Geschwister.

Aber das meinte die Dame ja gar nicht mit dem 'leichten Fall'.... Thema verfehlt, Amelie. Total das Thema verfehlt...

Ist halt immer die Frage, womit man vergleicht. Mit anderen Kindern mit Down-Syndrom? Keine Ahnung. Jedes eine Sondermarke.

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