Donnerstag, 28. November 2024

Stürmisch draussen - und drinnen?

Draussen weht ein eiskalter Wind. Wetterumschwung vom milden Herbst zum Winter. Und auch meine Stimmung ist gestern auf den Tiefpunkt gesunken. 

Soll ich das hier so schreiben? Mich so zeigen? Soll ich überhaupt all diesen grauen bis schwarzen Zwischentöne hier zeigen? Das will niemand lesen. Alle haben doch selber genug Herausforderungen zu bewältigen. 

 

Amelie, schau auf das Schöne, die Fülle. Empfange die Geschenke des Lebens, jeden Tag neu! Schau einfach hin! Tönt es in mir....

Nimm Dir ein Beispiel an Deinen Kindern!

 Lola nimmt ihr Mikro, stellt die Musik ohrenbetäubend laut an und hüpft grölend durch ihr Zimmer. Sie feiert die größte Party ever. In ihrer Fantasie singt sie im Stadion auf der Bühne, tausende Fans stehen unter ihr und feiern sie! Beglückt und erschöpft kommt sie nach dem 'Konzert' in die Küche, welch ein Erfolg!

'Instant' gute Laune, indem sie sich einfach auspowert. Und sich ihre Fans vorstellt.

 Oder Pavel. Mit seinem Basketball geht er jeden Tag auf den Platz und 'trainiert'. Körbe werfen, Dreier, Fünfer! Für die NBA, dabei ist er noch nicht einmal in einem Verein. Er übt Dunkings im Kinderzimmer, montiert den Korb genauso hoch, dass er gerade den Ball reindonnern kann. Erschöpft und voller Erfolge kommt er zurück. In seiner Fantasie kurz ein NBA Star! 

Wo ist meine Fantasie geblieben? Meine Kraft, mich von meinen inneren Bildern leiten zu lassen? Mir das Leben einfach schön vorzustellen. 

Ich bin erwachsen, denke ich. Ich kenne den Schmerz, der folgen wird. Die Enttäuschung. Ich ahne, dass es auch dieses Mal nicht klappt. Ich bereite mich innerlich vor auf die Ablehnung, und erstarre. Ich denke überhaupt so viel. All diese Fragen und veralteten Bilder, die durch meinen Kopf klappern. Am liebsten mitten in der Nacht. Und mich am schlafen hindern. 

Dabei weiß ich, dass der Glaube hilft. Das tiefe Wissen, getragen zu sein, geführt zu werden. Dass wir aus Fehlern und Rückschlägen lernen. Dass sie mich zu der gemacht haben, die ich bin. Dass es von meiner Perspektive auf das Leben abhängt. 

 

Sehe ich die Fülle, die Liebe, die Zuwendung, die Geschenke, schenkt mir das Leben umso reicher. Im Kleinen wie im Großen. Und an vielen Tagen gelingt es mir. Und ich schwebe. Und egal wie bescheiden mein Leben, egal, wie viele Chancen ich habe verstreichen lassen, ich sehe all das, was ich gewonnen habe. Was ich geschenkt bekam. Voll Dankbarkeit. 

Nur heute nicht... 

"Warum?", würde Lola fragen. 

"Ich weiß es nicht", würde ich heute antworten. "Ich weiß es nicht."

Dienstag, 26. November 2024

Handydiät wirkt Wunder!

Irgendwann hat es mir dann doch gereicht. Und der Tag war heute!

Ich hatte genug von Lolas unwirscher Art, ihrem motzigen Ton, ihren Kreischanfällen, wenn ich ihr sage, sie soll mal das Tablet ausmachen. Dem ständigen Bitten und Betteln, dass sie den Film ausmachen soll. 

Und so hab ich heute einfach ihre Handyzeit auf NULL gesetzt und in ihrem Tablet wieder einen Code gespeichert, den nur ich kenne. 

Als sie heute nach der Schule nach Hause kam, hatte sie also keinen  Zugang zu den von ihr so heiss geliebten digitalen 'Geräten'.

Da sie in der Schule nicht gut mitgemacht hatte, und eine Schulstunde komplett auf der Toilette war, weil sie 'kein Bock auf Eurythmie hatte', war das sowieso die logische Konseuqenz, mit der sie gerechnet hatte. 

Sie darf nämlich unter der Woche nur dann abends Musik hören und ihr Tablet nutzen, wenn sie in allen Schulfächern gut dabei ist und auf ihrer Token-Liste 'grüne Punkte' bekommt. Ein System, was wir vor einiger Zeit eingeführt haben, und was Wunder gewirkt hat, was ihre schulische Beteiligung angeht. 

Also, warum nicht genauso konsequent zu Hause sein?

Handy und Musik ja, aber nur dann, wenn sie auch zu Hause 'mitmacht', sprich: etwas im Haushalt erledigt, ihre Sachen aufräumt, ohne Protest duscht, halbwegs freundlich und höflich ist. Klar, Teenager, aber ihr Tonfall war in letzter Zeit doch weit jenseits dessen, was ich bei ihren Geschwistern durchgehen lassen würde. Weil ich oft viel zu 'verständnisvoll' mit ihr bin. 

Was mich aber am Ende stocksauer und wütend auf sie macht, siehe gestern, und was ihr auch überhaupt nicht gut tut. Weil sie auf die Weise sich einen Umgangston in engen Beziehungen angewöhnt, den kein Mensch ertragen würde. Egal wie gern er sie hat. 

Und oh Wunder: statt zu protestieren und zu motzen über den Handyentzug, war sie heute super freundlich, liebevoll, zugewandt. Ging ohne Protest duschen, sang sogar unter der Dusche, fragte freundlich um Nachschlag beim Essen, war lustig und liebevoll. So wie ich sie auch kenne, von früher, wie sie aber länger schon nicht mehr durchgehend ist. 

Erstaunlich, wie klar sie sich doch der Grenze bewusst zu sein scheint, die sie in letzter Zeit ständig mit ihrem Verhalten überschritten hat. Und wie schnell sie sich anpassen kann. 

Vielleicht tut ihr der viele Handykonsum aber auch einfach nicht gut. Womit sie ja nicht die einzige wäre. 

Ich will nun einfach konsequent ihre Medienzeiten reduzieren und auch 'regulieren', und viel konsequenter sein, wenn sie mal wieder über die Stränge schlägt so wie in den letzten Tagen, und nur noch motzt und  schimpft. 

Schön, wenn es am Ende doch so einfache Lösungen gibt. Warum nur bin ich nicht vorher darauf gekommen, oder hatte die Kraft, das einfach mal durchzuziehen? Handy und Tablet aus und weg! Punkt. Diese ständige Angst vor ihrem Protest.... 

Montag, 25. November 2024

Handyterror

Lola heute zu Hause. 24 h, mit Frauenleiden. Am Morgen schwach, mit Bauchweh und bettlägerig. Jammernd. 'Kann nich Schule gehn. Bauchweh, schlafen...'

Doch kaum hatte sie das neue Handy in der Hand, war sie quietschfidel. Hat Mails gecheckt und versendet, Spiele gespielt und natürlich Musik gehört. Und als ihre Handyzeit zu Ende war, hat sie mich irgendwie überredet, auch noch das Tablet zum Musik- und Hörspielhören nutzen zu dürfen. Und da ich ja in Ruhe arbeiten wollte, hab ich mich breit schlagen lassen. Und sie hat gefühlt die ganze Zeit mit den Kopfhörern dagesessen und Hörspiele gehört. Bauchweh und Müdigkeit wie weggeblasen. 

Und Mittags klar, da durfte sie auch noch einen Film gucken. Und war danach so überdreht, (wie immer nach dem Film gucken,) dass sie nur noch mit sich selber redete, alles nachspielte, und mir gegenüber total laut und aggressiv wurde, vor allem als ich ihr sagte, dass wir gleich noch zum Einkaufen und zum Geigen wollen.

Und ich hatte mir letzte Woche doch vorgenommen, ihr gegenüber strenger zu sein. Konsequenter. Diesen harschen Ton mir gegenüber nicht mehr hinzunehmen. Ihr da ENDLICH klare Grenzen zu zeigen. Ihr das Tablet auch mal konsequent wegzunehmen oder ihr Handy zu sperren, wenn sie so aggressiv wird. 

Letzte Woche gelang mir das auch einen Tag lang. Und da war sie tatsächlich auf einmal viel freundlicher, respektvoller und selbständiger! Ich weiß also, dass es wirkt!

Aber heute? Bin ich wieder total eingeknickt. Hab mich von ihr anmaulen lassen. Türen knallten. 'Raus hier aus meine Zimmer!", motzte sie mich an.

Und in mir brodelte es. Die Wut auf sie, auf diesen Ton, diese respektlose Art. 

Aber neben ein paar müden Androhungen und beschwichtigendem 'Loli, ich mag nicht, dass Du so mit mir redetst', konnte ich ihr Null-komma-Nix entgegen setzen. Keine Grenze, keinerlei Konsequenz.

Wie ich mich darüber ärgere! Vor allem über mich selbst.

Nach dem vollkommen unverdienten Abendfilm, den sie aus Gewohnheit natürlich auch noch schauen durfte, ist sie noch eine Stunde lang wach geblieben und gerade erst gegen 22.30 uhr eingeschlafen. Eine Stunde später als sonst.

Ich muss was ändern! Nur was? Und wie? 

Wenn ich nur endlich konsequent sein könnte....

Meditation 'to go'

Vor einiger Zeit meldete sich ein alter Studienfreund aus 'Bonner Zeiten' bei mir. Er sei demnächst in Leipzig, zu einem Seminar zum 'holotrophen Atmen'. Ob er bei uns übernachten könne? Ja, klar.

Wir gingen gemeinsam aus. Und beim Gin Tonic erzählte er mir, dass er gerade Stress in seiner Ehe habe. Und über das Atem-Seminar eine Bewusstseinserweiterung suche. Endlich in guten Kontakt zu seinen Gefühlen und seinem Inneren kommen wollte. Vielleicht würde das ja auch seiner Partnerschaft auf die Sprünge helfen. Was 'holotrophes Atmen' dazu beitragen konnte, verstand ich allerdings nicht so ganz. 

Ich empfahl ihm einen Gestalttherapeuten, der auch tibetische Meditation anbietet. Das erschien mir vielversprechender. Um sich auch durch innere Arbeit weiter zu entwickeln. Denn oft sind es ja eigene unverarbeitete Themen, die wir in unseren Beziehungen re-inszenieren.

Über die Jahre hörten wir uns sporadisch. Ab und zu bekam ich Urlaubsfotos, auf denen die Familie unterschiedlich fröhlich wirkte.

Im Oktober lud er mich zu seinem runden Geburstag nach Berlin ein. In seine schicke Loftwohnung im Prenzlauerberg, mit Blick auf den Fernsehturm. Ich fragte mich gespannt, wie es ihm ging - auch in seiner Ehe.

Seine Frau öffnete mir strahlend die Türe und begrüßte mich herzlichst. Die jahrelange Begleitung durch den Therapeuten hatte wohl vieles in Bewegung gebracht, erfuhr ich beim Sprizz und freute mich. Vom holotrophen Atmen erzählte sie nichts. 

Mein alter Freund wirkte tiefenentspannt und fröhlich - hatten ihm die tibetischen Meditationen gut getan?

Beim Abschied fragte er mich, ob ich am nächsten Abend auch beim Rausfeiern dabei sein wollte - in einem Berliner Club, zum 'Barfusstanz'? Er würde dort tanzen, zwischen 17 uhr und 4 Uhr. Das würde ja ein Partymarathon werden!

22 Uhr kam ich zum Club, mein 'erstes Mal' in der Berliner Clubszene. Als ich Ende der 90er Jahre in Berlin studierte, war ich nur in den Kellerbars unterwegs, aber in keinem der Clubs. Ich war von der gestrigen Party zwar noch müde, hatte keine große Tanzlust, aber ich wollte doch wenigstens einmal im Leben in einem Berliner Club gewesen sein.

Beim Einlass stellte ich brav meine Schuhe in ein Regal und betrat auf Socken den Dancefloor, einen kurzfloorigen Teppich, während mir die Türsteherin noch zuraunte, dass Rauchen im hinteren Clubabteil erlaubt sei, ansonsten aber keine anderen Drogen.

Alles voller Nebel, tanzende und zuckende Leiber aller Altersgruppen, in der Ferne das DJ-Pult. Ich fühlte mich fremd. Zum Glück tanzte gerade mein alter Freund heran, wild mit den Armen um sich rudernd, tanzte aber auch gleich wieder weg, auf dem Weg zu den Toiletten.

Als er endlich zurück kam, sagte er nur kurz, dass die anderen Freunde schon weg seien. Und warf wieder rhythmisch Arme und Beine in alle Richtungen, im Beat der Bässe. Seine Augen im Wechsel in die Ferne und ins Innere gerichtet. Blickkontakt oder gar Gespräch unmöglich. Voll im Tanzflow, wahrscheinlich seit 17 Uhr. War das seine innere Arbeit? Seine Tanzmeditation!

'Ich frag mich, wie Du das durchhälst, nach der Party gestern!", raunte ich ihm zu, in der Hoffnung auf eine Antwort. 

"Tanzen, einfach tanzen. Ganz im Hier und Jetzt! ", lachte er. Und zappelte weiter. Ich tat mein Bestes, reckte meine Arme, schüttelte meine Beine, drehte mein Becken. Versuchte, mich vom Beat mitreißen zu lassen. Keine Chance. Der Beat ergriff mich nicht. War ich zu alt?

Außer mir schien niemand vom Tanz-unmut betroffen zu sein. Überall zappelten die Arme, schlängelten sich die Leiber, fuhren die Finger wabernd auf und ab, durch den Dunst und das blitzende Licht.

"Ich frag mich, wie die alle so eine Tanzenergie aufbringen", rief ich ihm zu. "Drogen sind ja nicht erlaubt".

Er lachte. "Das sagen sie am Eingang. Aber alle nehmen hier was". Und warf sich gegen den aus der Maschine hervorquellenden Nebel. 

"Häh?", brachte ich fassungslos hervor. Als würde man mir den Vorhang meiner naiven Gutgläubigkeit wegziehen. "Hast Du denn auch was genommen?", setzte ich gegen den Beat hinterher. Und ging davon aus, dass er verneinen würde. 

"Na klar", sagte er. Die Hände in Fäusten gegen die Decke schüttelnd. "Zum Start erstmal LSD und vorhin noch MDMA." 

"MD.. was?", fragte ich. Und vergaß meine Arme und Beine zu bewegen. 

"Ecstasy", lachte er mich an und schloß wieder seine Augen, um sich wild zuckend den Bässen zu überlassen. 

Für eine Sekunde erstarrte ich. Fassungslos. Bevor ich wie maschinenhaft meinen Oberkörper zu bewegen begann. Deswegen war er so wortkarg, bewegte sich so absurd und konnte keine Sekunde mit dem Tanzen innehalten. 

Während er sich weiter um sich drehte und ins "Hier und Jetzt" schlängelte, wurden meine Bewegungen immer monotoner. Bis ich mich ernüchtert in eine Ecke der Tanzfläche zurückzog.

Das war also seine Form der Meditation. Er hatte mir von Bewusstseinserweiterung erzählt, besserem Kontakt zum Körper, zum Inneren. Über 'holotrophes Atmen'. Tibetische Meditation, hatte ich gedacht.

Wohl zu langwierig auf Dauer. Wenn man es auch mit einer Pille oder zwei haben kann. Eben - to go, oder - to dance.

Als ich mich von ihm verabschiedete, nickte er nur kurz, und tanzte zuckend weiter. Ob er sich überhaupt daran erinnern wird, dass ich da war? Wahrscheinlich nicht. Ganz im 'Hier-und-Jetzt'.

Samstag, 23. November 2024

Voll der Samstag

Was für ein voller, reicher Samstag!

Zusammen mit Lola habe ich heute die Weihnachtszeit eingeleitet - passend zum kalten Winterwetter draussen - und Plätzchen gebacken. Die klassischen Mürbeteigplätzchen zum Ausstechen. Die Lola heute vormittag unbedingt backen wollte!

Ich war eigentlich im Samstagshausputzmodus. Alles stand kreuz und quer, voller Eimer , Wischlappen und Staubsauger. Die Kücher war gerade gesaugt und gewischt. Da kam Lola und wollte UNBEDINGT Plätzchen backen. Jetzt! 

Puh dachte ich,  jetzt? Wirklich? Ja, jubelte sie. Plätzchen backen! Und da konnte ich natürlich nicht nein sagen. Wenn sie schonmal von sich aus backen will. Das muss ich ja unterstützen.

Und obwohl das Ausrollen des 'glutenfreien' Teiges doch etwas bröckelig war, und Lola so einige Nerven gekostet hat (und mich natürlich auch), stachen wir endlich herrliche Plätzchen aus. Und Lola war glücklich. 

Auch wenn die feinteiligen Eulen, Katzen und Einhörner, die sie als Ausstecher von ihren Freundinnen zum Geburtstag geschenkt bekommen hat, sich nicht wirklich bewährt haben. Ein paar einbeinige Katzen und ein Einhorn ohne Horn haben wir aber geschafft.

Und beim Spaziergang durch den Johannapark rannte Lola auf einmal quer über die blätterübersäte Wiese, warf jauchzend die bunten Blätter nach oben und tanzte hindurch. Dass mir selber das Herz lachte, sie in solcher Innnigkeit und Freude zu erleben. 

Immer wieder unglaublich und herrlich ansteckend ihre pure Lebensfreude - auch wenn sie  fünf Minuten vorher noch gejammert und geklagt hat über schwere Füße und Bauchweh, und dass sie nie über ihre 'Themen' reden kann, sondern immer nur Pavel erzählt. (Der ja um einiges mitteilungsintensiver und auch wortgewandter ist als sie)

Nachdem wir Pavel aber bei einem Freund abgesetzt hatten, nutzte Lola die Gelegenheit und erzählte mir auf dem Rückweg eine eigene, selbst ausgedachte Geschichte über 'Bibi und Tina'. Mit Wettreiten, Besuch der Pferdemesse, gemeinsamem Kuchenbacken und "Treffverbot" für Tina mit Alex, wegen ihrer schlechten Schulnoten. Bis ihr 'der Mund schmerzte vom Reden', wie sie sagte. 

Ich war begeistert! Und wirklich erstaunt, wie flüssig und detailreich sie erzählte. Sogar in ganzen, manchmal sogar komplett richtigen Sätzen. Da ist das viele Hören der Bibi-und-Tina-Hörspiele ja doch für etwas gut.

 
Und Zuhause erwartete  Lola im Postkasten noch ein ganz besonderes Geschenk. Ihre Hausmutter aus ihrem Praktikum in der Lebensgemeinschaft in Sassen hat ihr zum Geburtstag ein Päckchen geschickt, mit vielen liebevollen Kleinigkeiten aus dem 'Dorf'.
 

Lola freute sich riesig und jubelte, entdeckte in der Dorfzeitung viele bekannte Gesichter, über die sie mir gleich erzählte. Was für eine schöne Überraschung. Und eine wunderbare Erinnerung an diese Zeit, die für sie so schön und beglückend war. Vielleicht bald ja mal wieder.  Tausend Dank dafür!

Freitag, 22. November 2024

Meine Büchersucht

Heute Schnee, auch in Leipzig. Zumindest ein paar feine Flocken, die um die Mittagszeit vor meinem Fenster langtrieben. Und ich wollte doch eigentlich mit dem Fahrrad in die Stadt fahren, um mir bei Hugendubel das gestern erwähnte Buch von Hannes Ringelstädter, "Ein Steinpilz für die Ewigkeit' zu kaufen. Und jetzt das!

Egal, nach drei Stunden am Rechner und leichten Nackenkrämpfen vielleicht eine gute Abwechslung. Frische Luft. Und die ideale Gelegenheit, endlich meine neue olivgrüne Riesendaunenjacke auszuprobieren, die ich mir in einem Anfall selber zum Geburtstag gekauft habe (ja, ich kaufe mir seit ein paar Jahren selber Geschenke, da braucht man nicht ewig hoffen, ob auch das richtige dabei ist). Beim Kauf erschien sie mir ideal, ultradick und wunderbar kuschelig gegen die Winterkälte. Aber bei den milden Temperaturen der letzten Wochen fragte ich mich, ob dieses fette Jackenmonster nicht doch ein Fehlkauf war. 

Doch für heute war sie perfekt. Und eingepackt wie ein Michelinmännchen strampelte ich auf dem Rad ins Zentrum, auch ohne Lola. Voller Vorfreude auf ein Stündchen oben im Cafe bei Hugendubel: schonmal im Buch schmökern, dabei einen heißen Kakao trinken und mir endlich ein bisschen Müßiggang gönnen. Von dem ich ständig träume, ihn allen empfehle, ihn aber nie realisiere. Heute aber!

Im Buchladen empfing mich wohlige Wärme, der süssliche Geruch von frisch gedruckten Büchern und die bekannte Rolltreppe, die leise zu den Neuerscheinungen nach oben surrte. Und dieses Gefühl von Nachhause kommen und Abenteuer zugleich, das mich immer befällt, wenn ich eine Buchhandlung betrete. Soviele Tore in andere Welten, hinter all diesen Buchdeckeln. Und ich so neugierig, welche ich diesmal öffne. Denn fast immer entdecke ich etwas Neues, Ungeplantes. 

So auch diesmal. Denn die freundliche Buchhändlerin mit dem dunklen Zopf und der nach oben geschwungenen Brille teilte mir entschuldigend mit, dass das Buch von Ringelstädter leider gerade nicht vorrätig sei, warum auch immer. Ausverkauft? Oder doch nicht so bekannt. 

Schade, dachte ich. Ich hatte es mir so schön ausgemalt, beim Kakao im Buch zu lesen. Über seine Beziehung zu seinem Vater, dessen Sterben, und auch in mein Thema nochmal einzutauchen, auf humorvolle Weise. Und stand etwas enttäuscht und unschlüssig vor ihr. Als könne sie das Buch vielleicht doch noch hervorzaubern.

Da fiel mein Blick auf die Bücher von Diogenes. Zuoberst Benedict Wells: "Die Geschichten in uns."  Wovon mir schon mehrere Leute begeistert erzählt hatten. Teils Autobiografie, Teils Schreibratgeber, in dem er über seinen persönlichen Weg zum Schreiben spricht und über das Handwerk des Erzählens allgemein - Ähnlich wie Stephen King in seinem Buch 'Das Leben und das Schreiben', das mich beim Schreiben vom Buch über Lola so inspiriert hatte. Und wohl auch ihn.

Ich mag die Bücher von Benedict Wells, seinen Ton, auch wenn sie etwas düster sind und seine Protagonisten einsam, aber vielleicht gerade deswegen. Also die perfekte Gelegenheit, es mir beim Kakao dochmal näher anzuschauen. 

Zusätzlich griff ich mir noch schnell das neue Buch von Joachim Meyerhoff: 'Man kann auch in die Höhe fallen', das am Tisch daneben lag. Und über dessen Veröffentlichung ich noch gar nichts wusste. Über seine Zeit gemeinsam mit seiner 80jährigen Mutter, bei der er ein paar Monate verbracht hat und dadurch aus einer tiefen Lebenskrise herausfand, wie ich auf dem Cover las. Auch spannend, wie alle autobiografischen Bücher von Meyerhoff, von denen ich viele schon verschlungen habe. Und wegen ihrer Komik in der Tragik so liebe.

Erleichtert, dass ich so schnell neues 'Lesefutter' für den Cafebereich gefunden hatte, stieg ich eine Treppe höher. Und fand nach drei Anläufen auch endlich einen schönen Tisch. Der erste war am Fenster, mit Blick auf die Thomaskirche, aber leider zu hoch. Am zweiten setzten sich direkt zwei junge Frauen plaudernd neben mich, und lachten mir so laut ins Gesicht, dass ich Reißaus nehmen musste. Erst am dritten Tisch fand ich endlich die angemessen Ruhe und Behaglichkeit. Und verlor mich fast augenblicklich in der Welt von Benedict Wells. 

Er hat einen Sog, dem ich kaum widerstehen kann. Eine Genauigkeit der Sprache, der Worte, die so einfach und treffend sind. Dass es umso erstaunlicher war zu lesen, wie viele 'schlechte Bücher' er zunächst geschrieben hat, gestelzt, gekünstelt, schlecht gebaut. Bis er zu dieser Sprache fand. Und wie lange er an seinem Traum vom Schreiben festgehalten hat, gegen alle Widerstände und Ratschläge, nach Hunderten von Absagen, bis er nach vier Jahren reinem Schreiben kurz davor war aufzugeben. Und dann  endlich einen Verlag fand - Diogenes!

Niemals hätte ich die Kraft, gegen so viele Absagen und Widerstände meinen Traum zu verfolgen.  Wahrscheinlich bin ich doch viel zu glücklich, gehätschelt und behütet aufgewachsen. Alles ist mir immer zugeflogen. Und was es bedeutet, wirklich für eine Sache zu kämpfen, auch gegen Widerstände, weiß ich bis heute nicht. 

Und so wurde dieser Ausflug durchs Schneetreiben in die Buchhandlung wieder zu einem Erweckunsgerlebnis, auch wenn anders als erwartet, und natürlich konnte ich den Laden nicht verlassen, ohne die beiden Bücher mitzunehmen. 

"Also das Buch von Wells, das brauchen Sie in ihrem Bücherregal. Da haben Sie ein Leben lang Freude dran", sagte die Buchhändlerin mit der hochgeschwungenen Brille, als ich ihr mein Problem kommentierte, dass ich nie ohne zwei oder drei Bücher aus dem Laden gehen kann. Was natürlich immer eine ordentliche Geldinvestition bedeutet. "Und das neue Buch von Meyerhoff habe ich geliebt. Das können Sie dann auch wunderbar - zu Weihnachten - weiter verschenken, so mach ich das immer." 

Stimmt auch wieder, dachte ich. Und verließ so auch diesmal den Laden mit zwei Büchern, und einer Bestellung vom Buch von Ringelstädter. 

Und so habe ich den heutigen Abend vertieft in die Welt von Benedict Wells verbracht, und bisher keine Sekunde bereut, das Buch gekauft zu haben. Ich sah mich selber schon innerlich Romane schreiben, vielleicht inspiriert es mich ja doch noch dazu. (Bis dahin lese ich welche.)

Und das mit meinem Plan von neulich, doch mal weniger Geld auszugeben, das verschiebe ich auf später. Oder münze es so um für mich, dass es darum geht, das Geld bewusst auszugeben. Im Idealfall für Gutes, was mir meine Welt öffnet und mich wachsen lässt. Oder mich wärmt - wie meine dicke warme Daunenjacke, ohne die ich diese Reise in die Welt der Bücher heute erst gar nicht angetreten hätte. 

So, und jetzt muss ich weiter lesen.

Donnerstag, 21. November 2024

Resilienz - Können wir sie lernen?

Wie kann man es schaffen, auch angesichts von Krisen den Kopf oben zu behalten? Psychisch gesund zu bleiben? Nicht zu verzweifeln und dran zu zerbrechen - sondern vielleicht sogar gestärkt daraus hervorzugehen. 

Darum geht es in der Doku 'Die innere Kraft - Können wir Resilienz lernen', die vor 4 Jahren im MRD ausgestrahlt wurde, und bei der ich - bzw. wir als Familie - mitmachen durften. Hah, weil wir wohl so krisenerprobt sind, und uns trotz vieler Hürden im Leben bisher so wacker geschlagen haben. 

Nun ja, konkret kamen wir dazu, da Stephan Liskowsky und Dinah Münchow, zwei Freunde aus Leipzig, diese Dokumentation gemacht haben, in der es um den Umgang mit Schicksalsschlägen geht, darunter den Tod von nahen Angehörigen. Und sie noch jemanden suchten, der bereit war, sich vor die Kamera zu stellen und dort über seine persönlichen Bewältigungsstrategien zu erzählen. 

Und da sie vor Jahren schon einmal eine Doku über uns mit Lola gemacht haben ('Eine Welt ohne Behinderung'), und uns darüber gut kannten, fragten sie nochmal an. 

Konkret fragte mich Stephan im Sommer 2020, ob ich mir eventuell vorstellen könnte, über den Tod meines Vaters vor der Kamera etwas zu sagen. Denn ich hatte ihm schon viel davon erzählt, wie schwer es für mich war, und auch, dass ich seit einiger Zeit ein Buch darüber schrieb. Also wäre das sicher auch eine gute 'Promotion' für mein Buch, wenn es denn dann rauskäme. So seine Überlegung.

Ich erbat mir Bedenkzeit. Denn es bedeutete, erstmals öffentlich über den Suizid meines Vaters zu sprechen. Denn obwohl ich seit Jahren darüber schrieb, hatte ich es bisher nicht geschafft, dieses Buchprojekt in eine veröffentlichbare Form zu bringen. Hatte noch nicht einmal mit meinen Kindern offen über seinen Tod gesprochen. Hatte mich zwar persönlich seit Jahren intensiv damit auseinandergesetzt, aber nichts dazu öffentlich gemacht. Weder in meinem Blog noch als noch so kleine Publikation. Und jetzt - offen im Fernsehen, vor aller Augen? 

Aus irgendeinem Grund sagte ich ja. Schließlich wollte ich ja drüber sprechen. Endlich über das totgschwiegene Thema woanders als in Therapiegruppen oder mit guten Freunden sprechen, oder nur immer weiter darüber zu schreiben, für mich alleine im stillen Kämmerlein. Seit Jahren wuchsen die Manuskriptseiten, doch es wurde nicht fertig. Und besser fühlte ich mich immer noch nicht. Also, warum nicht diesen Sprung ins Licht der Öffentlichkeit als Gelegenheit nehmen, aus dem Dunkel ans Licht zu treten damit?

Und so sprach ich endlich offen mit meinen Kindern, erzählte davon, wie ihr Opa gestorben ist. Etwas, vor dem ich jahrelang solche Angst gehabt hatte. Und sie schauten, fragten, und nickten. Verstehen konnten sie es noch nicht, aber sie wussten es jetzt. Endlich. Und eine Riesenlast war von mir genommen. Das Tabu, das große dunkle Geheimnis hatte seine Macht verloren. 

Und dann kamen Stephan und Dinah irgendwann zum Dreh zu uns, interviewten mich, filmten uns, und so wurden wir Teil einer sehr berührenden Doku. Die ich vorhin in Teilen nochmal geschaut habe, und selber ganz berührt war von meinen Worten. Darüber, wie ich auch mit Lolas Besonderheit habe leben lernen. Und wie das Erzählen von Geschichten dazu beitragen kann, ein schweres Ereignis gut ins das eigene Leben zu integrieren. Indem ich mir eine Geschichte erzähle, die mir Kraft gibt, die dem Ereignis einen Sinn gibt. In der ich mich nicht als Opfer der Umstände wahrnehme, sondern daran wachsen kann, etwas über das Leben erkenne, das mir Kraft verleiht. 

Staunend lauschte ich meinen eigenen Worten. Manchmal muss man sich wohl selber daran erinnern... 

Aber was den Tod meines Vaters angeht, musste ich an einigen Stellen der Dokumentation doch den Kopf schütteln. Da war doch einiges nicht ganz korrekt. 

Mein Vater war nämlich noch nicht in Rente, als er starb. Er haderte also nicht mit der Rente, sondern vielmehr mit seinen nachlassenden beruflichen Fähigkeiten, die ihm die Kraft raubten, weiter zu arbeiten.

Und erstaunt hörte ich mich in der Doku sagen, dass ich wütend auf ihn sei, dass er uns einfach verlassen hat, sich 'vom Acker gemacht hat'. Während wir weiter machen mussten. Und die Sprecherin fügt hinzu, dass ich ihm immer noch nicht verziehen habe. 

Ja, sicher war ich auch wütend auf ihn. Und kam mir zutiefst verlassen vor. Sicher hat sein Tod mir zum ersten Mal vor Augen geführt, dass der Weg nicht immer nur nach vorne geht und nicht immer alles gut ausgeht, sondern man auch einfach aufgeben kann. Was mein Grundvertrauen oder meinen Optimusmus als Lebensmaxime erschüttert hat. 

Aber ich habe immer auch seine Not gesehen. Seine Einsamkeit. Seine gefährliche Fixierung auf Arbeit und Leistung als Lebenssinn. Und viele Zufälle, die zu seiner einsamen Entscheidung, auch aus Verzweiflung geführt haben. Und natürlich habe ich ihm verziehen. Sonst könnte ich ja gar nicht damit leben.... 

Hat sich meine Haltung in den letzten Jahren doch noch so geändert? 

Ich weiß es nicht. Vielleicht muss bei so einer Doku die Story auch irgendwie stimmen, auch wenn sie mit meiner subjektiven Wahrheit, die sich stetig verändert, nicht zwangsläufig übereinstimmen muss. Aber dennoch wollte ich das hier nochmal festgehalten haben. Denn ich will nicht in die Film-Annalen eingehen als die Frau, die ihrem Vater seinen Suizid nie verziehen hat.

Denn ich glaube wirklich, dass im Verzeihen und Vergeben ein großes Heilungspotential liegt. Und somit eine Grundlage für Resilienz. 

Weiterhin erzähle ich noch im Film, dass ich einen Roman darüber schreiben will. Und ja, damals stimmte das. Nachdem ich mit meinem autobiografischen Buch nicht zu einer für mich stimmigen Fassung fand, begann ich tatsächlich, einen Roman darüber zu schreiben. Wo ich meine Geschichte nochmal in der 3. Person erzählte, um eine gewisse Distanz zum Geschehen und Erleben zu haben. 

Doch daran bin ich genauso kläglich gescheitert bzw. musste irgendwann feststellen, dass mich das Schreiben darüber ständig re-traumatisierte, statt mich zu heilen. Ich steckte in einem Narrativ fest, das mir nicht half zu leben, gesund zu leben. Sondern mich krank machte.

Und so habe ich meinen Buchplan vor knapp zwei Jahren endgültig begraben. Das erste Schreiben über seinen Tod und meine Beziehung zu ihm war zwar unendlich wichtig für mich gewesen, wirklich therapeutisch. Aber der jahrelange Versuch, es immer wieder neu und besser zu schreiben und zu veröffentlichen, hat mich krank gemacht. 

Und so tat ich, 'was dem Leben dient' (wie mir meine damalige Supervisorin riet), und hörte auf mich täglich mit dem Tod meines Vaters zu beschäftigen. Und seitdem geht es mir um soooo viel besser, als in all den Jahren meines verzweifelten Schreibversuchs. Die mich ihm zwar nah bleiben liessen, aber mit in den 'Tod' zogen (gefühlsmäßig). 

Ja, Schreiben muss also nicht immer heilsam sein, wie ich jetzt weiß. 

Und dennoch ist da noch diese offene Frage in mir. Wie ich seinen Tod doch noch in eine Geschichte verwandeln kann, mit der ich gut leben kann, und durch die ich sogar habe wachsen können. Und die ich irgendwann auch aufschreiben kann. Nun, ich muss wohl noch darüber nachdenken. Aber nicht heute. Und morgen vielleicht auch nicht. 

Jetzte bestell ich mir gleich erstmal das Buch von Hannes Ringelstetter, 'Ein Steinpilz für die Ewigkeit', über das ich eine so hervorragende Rezension bei MDR-Kultur gehört habe. Ein Buch, in dem er - auch mit Humor - über das Sterben und den Tod seines Vaters schreibt. Und das braucht es, glaub ich, auch für dieses Thema - das Gegengewicht des Lachens und des Lichts. Was mir bisher schreibend nicht gelungen ist. Aber gut... ich hab ja noch ein paar Jährchen.

Mittwoch, 20. November 2024

Lolas eigener Musikaccount

Seit Jahren nutzt Lola meinen Musikstreaming-Account. Jeden Tag. Hat Dutzende von Playlists und Lieblingssongs. Das schöne daran: sie kennt sich richtig gut aus mit Musik.

Das Dumme daran: ich bekomme seit Jahren nur noch Vincent Weiss, Lena oder 'Bibi und Tina'-Hörspiele vorgeschlagen, wenn ICH mal Musik hören will. 

Egal wann - beim Kochen, Chillen und auf irgendeiner Party, stehe ich hilflos da, wenn es um die Musikauswahl geht. Zumindest von Musik, die MEINEN Musikgeschmack treffen würde. 

Und - zumindest früher - habe ich SEHR gerne Musik gehört. Aber NICHT Vincent Weiss. 

Die KI erkennt einfach nicht, dass ich seit Jahren meinen Account mit meiner Tochter teile. 

Während Lola seit Jahren jede Party mit ihrer Musik rockt (wenn die Gäste das zulassen). Und dabei wirklich für Stimmung sorgt! (Je nach Altersgruppe und Musikgeschmack). 

Aber nun, heute, am 20. November 2024 habe ich es endlich geschafft, und Lola ihren eigenen Musikaccount eingerichtet. Yeah!!! 

In knapp einer Stunde hab ich ihre gesammelten Playlisten (Nr. 1- 50) und ihre Lieblingssongs ihrem EIGENEN Account hinzugefügt. Einfach ein paar Mausklicks. Kein Hexenwerk. Auch für mich schaffbar. 

Und das, nachdem ich mich seit Jahren vor diesem Schritt so gefürchtet habe. Weil ich befürchtete, dass es furchtbar kompliziert ist. Für mich als 'digital dummy'. 

Doch unglaublich! Ich hab es geschafft.

Eine Stunde Konzentration -  und nun kann ich endlich wieder MEINE Musik hören. UNd bekomme in ein paar Tagen oder Wochen hoffentlich endlich Musikvorschläge, die MEINEM Musikgeschmack entsprechen. 

Mal schauen, wie lange die KI braucht, um zu erkennen, dass ich mich nicht mehr in der musikalischen Symbiose mit meiner Tochter befinde.

Vielleicht lösch ich auch einfach meinen Account und eröffne einen neuen. Und fang nochmal ganz von vorne an!

Meine Gleitsichtbrille ist weg!

Vor ein oder zwei Jahren fing es an. Ich konnte erst die Bedienungsanleitungen nicht mehr lesen, dann erschien mir das Licht beim Frühstück immer öfter zu dunkel, um die kleinen Buchstaben der Zeitung zu entziffern. Dann musste ich auch die Bücher immer weiter weghalten von mir, um das Bild scharf zu stellen. Aber vor allem konnte ich beim Autofahren - wo ich seit Jahren eine Brille tragen muss - nicht mehr gut den Tacho oder den Navi erkennen. Und ich fühlte mich ersmtals in meinem Leben wirklich 'behindert' - sehbehindert. Ein für mich komplett neues, und wie ich fand, furchbares Gefühl: nicht mehr alles erkennen zu können. 

Ein paar Jahre habe ich das nun ertragen, aber im Frühjahr war es soweit. Und in einer Hauruckaktion ließ ich mir beim Optiker eine Gleitsichtbrille anfertigen. Eigentlich war ich mit Lola dort, die mal wieder eine neue Brille brauchte, weil ihre Augen jedes Jahr ein bisschen schlechter werden. Aber plötzlich hatte ich das Gefühl, dass ich mich auch mal um MICH kümmern muss, nicht immer nur um das Wohl der Kinder. Und zu meinem Wohl gehört es definitiv dazu, gut gucken zu können. 

Und so entscheid ich mich im Laden einfach für das erstbeste Modell, das mir gefiel. Liess mir mittelgute (und vor allem mittelteure, aber immer noch ordentlich teure) Gläser anfertigen, und eine Woche später war ich stolze Besitzerin einer Gleitsichtbrille. Und hatte endlich wieder einen scharfen Blick. Sowohl in die Ferne, als auch in der Nähe. Ein herrliches, fast erhebendes Gefühl, wieder alles sehen zu können.

Gut, zuerst stolperte ich ein wenig im Treppenhaus. Musste mich daran gewöhnen, den Kopf mit den Augen mitzudrehen. Aber der Vorzug des klaren Blicks überwog alles. Rein ästhetisch sehe ich mich immer noch nicht als Brillenträgerin, weswegen ich sie selten anzog, wenn ich unter Menschen war. Oder eben erst im Kinosaal, im Auto oder am Frühstückstisch. 

Doch vor allem war ich unendlich dankbar, dass sich diese Form der leichten Sehbehinderung so einfach beheben lässt. Indem man eine Brille aufsetzt.

Einziger Nachteil. Ohne Brille kann ich nun wirklich gar keine Bücher mehr lesen. Die Augen haben sich schnell an die neue Sehhilfe gewöhnt, ohne die ich jetzt wirklich unfähig bin, die Buchstaben zu erkennen. Die Augenmuskeln scheinen sich abgebaut zu haben, die mit etwas Mühe das Scharfstellen vorher noch erlaubten. Aber - dafür hab ich ja meine Brille. 

Hah, bis heute Abend!!! 

Denn als ich vorhin meine Brille suchte, um ganz gemütlich in der Badewanne ein Buch zu lesen, im heißen Wasser meinen etwas schmerzenden Rücken zu entspannen und mir nach dem gestrigen Geburtstagsmarathon einen schönen Feierabend zu gönnen, da fand ich sie nicht. Nirgends!!!! 

Ich glaube, mich zu erinnnern, dass ich sie ins Auto mitgenommen habe, wo ich sie meist aufsetze (aber auch nicht immer). Aber ich bin mir nicht sicher. Meine letzte bewusste Erinnerung an sie ist um die Mittagszeit, da lag sie auf dem Tisch. Danach - sosehr ich auch grüble, ich kann nicht rekonstruieren, was ich mit ihr gemacht habe, oder wo ich sie eventuell hingelegt oder liegengelassen habe. 

Ein Desaster. Nicht nur, weil ich jetzt nix mehr lesen kann. Sondern vor allem, weil ich mir jetzt noch so ein Ding kaufen muss. Und ja, das war defintiv nicht vorgesehen im Jahresbudget. (Schon die erste Ausgabe riss ein Loch hinein). 

Selbst das Baden und anschließende angestrengte Meditieren half nicht, die Brille per Manifestation wiederauferstehen zu lassen oder mich per Selbsthynose an ihren Verbleib zu erinnern. Sie ist und bleibt verschwunden. 

Und so hoffe ich nun inständig, dass ich sie morgen irgendwo in den Kinderzimmern entdecke, die ich noch nicht abgregrast habe. 

Alternativ würde ich mir einen Geldsegen von 10.000 Euro wünschen, mit dem ich den Kauf einer neuen Brille locker finanzieren kann. 

Warum genau 10.000 Euro? Das war mein Silvesterwunsch, um den ich mich selber kümmern muss. Die anderen 12 Wünsche hatte ich ins Feuer geworfen, da kümmert sich jetzt zum Glück das Universum drum. 

Einzige offene Frage: wie kommen 10.000 Euro zu mir? Habt ihr vielleicht eine Idee? Ich hab ja noch knapp 6 Wochen Zeit.... Da wär dann eine schöne neue Gleitsichtbrille ganz entspannt drin. 

Ich werde mir heute Nacht auf jeden Fall vor dem Schlafengehen diese Frage stellen (sicherheitshalber auch nochmal die nach dem Verbleib der Brille), und dann hoffentlich im Traum Antwort erhalten. Denn im Schlaf haben wir ja bekanntlicherweise Zugang zu so viel mehr Informationen als bei bewusstem Verstand. Und ich hoffe auf präzise und verständliche Antworten. 

In diesem Sinne, gute Nacht! Lesen kann ich ja jetzt eh nix mehr.

Montag, 18. November 2024

Sweet seventeen!

Yeah, Happy birthday!!! Lola hat heute ihren 17. Geburtstag gefeiert! Und was für ein schöner Tag war das wieder. 

Denn Lola liebt ihre Geburtstage. Ein Jahr lang bereitet sie immer minutiös vor, was sie an ihrem Geburstag macht. Was wir essen, wen sie einlädt. Und natürlich was sie sich wünscht. Und sie hat immer soooo viele Wünsche über das Jahr. 

Und in diesem war das vor allem ein Fahrradrucksack. So einer, den man auf dem Rücken tragen, aber auch an den Gepäckträger klippen kann. Klar, so gerne wie sie Rad fährt. 

Und sie war überglücklich, dass sie ihn endlich endlich auch bekommen hat. Von der geliebten Oma Claudia!!! 

Darüber freute sie sich sogar noch mehr als über das Handy, das sie nun endlich auch bekommen hat. Ein erstes, eigenes Handy. Was ich bisher so lange hinausgezögert habe. Aus Unsicherheit darüber, wie sie damit umgeht, und wie ich sicher stellen kann, dass sie nicht die ganze Zeit am Handy hängt (wie ihre Geschwister leider allzu oft). 

Vielleicht lag ihre fehlende Begeisterung auch daran, dass das Handy tatsächlich morgens noch nicht auf ihrem Geburstagstisch lag. Denn - wie gestern schon erzählt, kam das Paket zu spät. Vorhin hat es mir der Postbeamte aber zum Glück in die Hand gedrückt. Und Lola freute sich auch am Nachmittag riesig darüber. Auch wenn es noch verpackt und nicht gebrauchsfertig ist. 

 

Und so ging Lola heute Morgen - nach dem Auspacken der Geschenke - überglücklich mit ihrem gestern gebackenen Kuchen in die Schule. Schick im roten Glitzerkleid und mit Lederjacke, bereit sich feiern zu lassen. 

Sooft schleicht sie gebückt, unter ihrer Kapuze, fast unsichtbar durch die Schule, legt sich in irgendeine Ecke. Aber nein, heute stolzierte sie erhobenen Hauptes, fast salutierend, in die Schule. Empfing von allen Seiten herzliche Glückwünsche, und wurde von der Klasse mit einem Lied auf den Lippen empfangen. Ach, wie sie das immer geniesst, im Mittelpunkt zu stehen.

Und nach der Schule hatte sie - wie jedes Jahr - wieder zum Geburtstag eingeladen. Diesmal zu einer "Wohnzimmerparty - mit Tanz & Film, Pizza & Pommes" - bei uns zu Hause. Und um halb vier Uhr standen hier 12 junge Mädels auf der Matte, und tanzten und lachten, und quirlten durch das Wohnzimmer. Lola strahlend mittendrin, begeistert ihre Geschenke auspackend. Um dann wieder Musik zu machen. Das lässt sie sich an ihrem Jubeltag natürlich nicht nehmen - da werden ihre spotify Lieblingssongs rauf und runter gespielt. Und alle tanzen!

Zur Feier des Tages guckten dann noch alle gemeinsam - 'Bibi und Tina - Der Film'. Den sie alle schon einmal zusammen geguckt haben, bei Lolas 10. Geburtstag. Es war wie ein kleiner Revival. Nochmal - Kind sein. Und alle grölten mit. Herrlich. Lagen zusammen auf unserm grossen Sofa, futterten Chips und - Pizza. Und Lola war glücklich!

Geburtstag ist für sie immer DER Tag des Jahres. Und ich freu mich, dass es auch dieses Jahr wieder so schön für sie war. Und alle ihre Freundinnen aus der Klasse auch gekommen sind. Denn ihre Geburstage haben sich als 'Super Parties' herumgesprochen, wo immer alle hinwollen.

Auch wenn ICH gegen Mittag, als ich mit dem Beamer kämpfte, der kein Signal empfing, kurz in Panik geriet, ob das überhaupt mit dem Film klappen würde. Gerade eben total matt vom Aufbauen, Pizza backen und Aufräumen aufs Sofa gefallen bin. Und jetzt noch ganz heldenhaft mich an die Installation des Handys machen werde, denn das kann Lola leider wirklich nicht alleine. 

Und bin ehrlich gesagt auch sehr froh bin, dass nur einmal im Jahr Geburstag ist!


Sonntag, 17. November 2024

Ein Sonntag zum 'rumfaulen'

 Endlich wieder ein herrlicher 'fauler' Sonntag, tiefenentspannt. Bei schönstem grauen Novemberwetter, was jeden Schritt nach draussen kategorisch ausschloss, so dass wir - ohne jedes schlechte Gewissen - ausschlafen, lange frühstücken und 'rumfaulen konnten, wie Lola immer so schön sagt. 

Bei ihr bedeutet das konkret: dass sie in ihrem Zimmer sitzt, Musik oder Hörspiele hört, und dabei 'Bibi und Tina' Bücher abschreibt. Seitenweise. Sie hat schon ganze Ordner voll kopierter Bücher in Schönschrift. Sie liebt das. Ganz gewissenhaft die Seiten und Texte zu kopieren. Als wäre das ein bezahlter Job.

Gegen Mittag wollte sie jedoch zusammen mit mir einen Kuchen backen, für ihre Klasse morgen. Denn zum Geburtstag bringen die Kinder immer noch jeder einen Kuchen mit. 

Und so backten wir gemeinsam aus ihrem 'Koch-und Backbuch' den Schoko-Kirsch-Kuchen. Natürlich mit glutenfreiem Mehl, damit sie den morgen auch mitessen kann. 

Und ich freute mich, dass sie endlich mal wieder zusammen mit mir in der Küche stehen wollte. Teig mixen, Schokolade schmelzen, Zutaten abmessen, verquirlen. Denn gemeinsam backen macht einfach Spass. Und sie war endlich mal wieder ganz liebevoll und eifrig. Statt wie so oft meine Wünsche oder Ideen mit einem barschen, 'Nö'. Kein Bock.'  zu quittieren. 

Da sie selber die Idee entwickelte hatte, für ihre Klasse den Kuchen zu backen, hatte sie natürlich Lust. Obwohl ich sie dann doch noch daran erinnern musste, weil sie so im Zimmer bei ihren Hörspielen versunken war.

Mir fällt es oft schwer, diese Gratwanderung, ihr Autonomie zuzugestehen, d.h. sie selbständig über ihre Interessen entscheiden zu lassen (die oft fast auschließlich aus Film gucken, lauter Musik hören und tanzen bestehen) und dazu, sie zu einer gewissen Selbständigkeit im Leben anregen bzw. fast zwingen zu müssen. Wie mal selber was kleines zu kochen, ihr Zimmer aufzuräumen, alleine zur Schule zu fahren, oder etwas beim Konsum einzukaufen. 

Und in nächste Zeit möchte ich sie noch mehr dazu anregen, mehr Schritte in diese Selbständigkeit zu gehen. Und über ihren Schatten der Bequemlichkeit zu springen. Und die Dinge, die ihre Altersgenossen längst alleine machen, auch alleine in Angriff zu nehmen. 

Heute aber bin ich froh, dass wir so einen gemütlichen Sonntag hatten. An dem ich eben sogar noch ganz entspannt ihren Geburtstagsfrühstück gedeckt und die Geschenke darauf drapiert habe. Die zum Teil aus kleinen Briefchen bestehen mit ausgedruckten Bildern von Geschenken! Denn leider sind einige der per Internet bestellten Geschenke nicht angekommen. Worüber ich gestern noch ganz verzweifelt war.

Aber auch das konnte meine Stimmung an diesem tiefenentspannten Sonntag nicht trüben. Und ich hoffe, Lola's morgen früh auch nicht.

Samstag, 16. November 2024

Kartoffelbrei und Fischstäbchen

 Ich musste heute den ganzen Tag arbeiten. Was aber bedeuetete, dass Lola den ganzen Tag über alleine wäre. Weil Greta ja in Spanien ist und Pavel mit M unterwegs. 

Ein kurze Zeit verbringt sich öfter mals alleine in der Wohnung, aber mehr als drei Stunden bisher nicht.

Würde sie es einen ganzen Tag lang alleine schaffen? Und vor allem, würde sie es hinkriegen, sich selber was zum Mittag zuzubereiten? Ich war unsicher.

Und so fragte ich M., die Tochter von Freunden, ob sie Zeit und Lust hat, mittags mal rumzukommen. Und gemeinsam mit Loli was zu kochen. 

Und M. hatte zum Glück Zeit und Lola war gleich begeistert, denn sie mag M sehr. Sie sind beide gleich alt, sprechen beide spanisch, lieben es zu tanzen und - Musik. 

Mittags haben sie dann gemeinsam gekocht. Kartoffelbrei, Spinat und Fischstäbchen. Lola's Leibgericht. Und dafür das wunderbare Koch- und Backbuch genutzt, das Lola im Rahmen ihrer Achtklassarbeit vor zwei Jahren selber erstellt hat. Mit allen Zutaten, Fotos der Zubereitung und kurzen Beschreibungen. 

 

Als ich vorhin wieder nach Hause kam, chillte Lola entspannt in ihrem Zimmer. Die Wohnung roch nach Fischstäbchen, und die Küche war blitzeblank aufgeräumt. 

Auf meine Frage, was die beiden sonst noch gemacht hatten, bekam ich leider keine Antwort. "Nix, Mama. Lass mich in Ruhe. Will nicht sagen." 

Klar, doofe Frage. Wessen sechszehnjährige Tochter erzählt ihrer Mutter auch so genau, was sie mit Freunden gemeinsam gemacht hat. 

 So soll es sein. Wie schön, dass alles so super geklappt hat! 

Wirklich Zeit, dass sie mehr mit Gleichaltrigen unternimmt. Und wenn es nur für ein Stündchen mit Freunden ist. Auch wenn ich noch ein bisschen nachhelfen muss, mit dem 'Socialisen'.... 

Und toll, dass sie den Rest des Tages ganz enspannt alleine zu Hause verbracht hat. Sie wird doch langsam groß. Auch wenn sie viel lieber gerne kleine wäre manchmal... 

Aber das ist wohl so, in dieser Phase des Erwachsen-Werdens. In der man bei ihr, anders als bei den Geschwistern, die von ganz alleine unabhängig werden wollen, so viel mehr 'nachhelfen' muss.

Freitag, 15. November 2024

Bummel über die Karli

Gestern, als Lola bei der Physiotherapie war, bummelte ich wieder über die Karli (Karl-Liebknecht-Strasse) bei uns in der Südvorstadt.

Erst ging ich zügig, mal wieder Richtung Rossmann, um Besorgungen zu erledigen. Aber dann nahm ich doch die Kamera und fing auf, was ich sah. Manches schon oft, manches noch nie.

Immer wieder erstaunt mich, was ich entdecke, wenn ich mit der (digitalen) Linse auf Motivsuche gehe. Mal ganz nah, mal ganz weit weg.

Überall erzählt die Stadt Geschichten. Die Gebäude, die Automaten, die Fassaden, die Decken, die Skulpturen, ja sogar die Mülleimer.

Geschichten einer vergangenen Zeit, die vergangen, und doch noch da ist. Im Stein, in den Straßen, eingemeißelt.

Wir glauben uns so modern. So individuell. So einzigartig, in unserer Zeit, unseren Fortschritten, unserem Leid. In  'diesen Zeiten'.

Doch wir sind Teil eines großen Ganzen. Wir kommen und gehen.

Schön, dass ich mit meinen Gefühlen manchmal gar nicht so alleine bin :-)




Donnerstag, 14. November 2024

"Will keine Down-Syndrom haben"

Lola hat in der Biologie-Epoche gerade Genetik. Und in der letzten Woche haben sie Chromosomen behandelt, und in diesem Zusammenhang auch 'Trisomie 21' als eine Form der chromosomalen Abweichung besprochen. 'Down-Syndrom'. Ein Begriff, den Lola zwar schon kannte, den wir aber bisher nie groß thematisiert haben. 

Heute beim Abendbrot fragte mich Lola auf einmal zwischen zwei Bissen in ihr dick beschmiertes Käse-Salami-Frischkäsebrot. "Warum ich Brille habe?" 

 "Keine Ahnung, du kannst halt nicht so gut gucken. Mit der Brille siehst du besser", antwortete ich. 

"Will keine Brille haben", fügte sie hinzu. 

"Die steht Dir doch voll gut", versuchte ich abzulenken. 

"Will wieder klein sein, ohne Brille", sagte sie und erinnerte sich an ihre ersten Jahre, bis sie sieben war, als sie noch keine Brille trug. 

Ich zuckte mit den Achseln. "Naja, wenn sie Dich stört, kannst Du sie ja absetzen. Nur kannst Du dann leider nicht mehr so viel sehen." 

Lola zuckte mit den Achseln. Und begann, sich ihr drittes Brot zu schmieren. Bestrich es mit ganz viel Frischkäse, einer Schicht Salami und obendrauf noch zwei dicken Scheiben Edamer. Und biss herzhaft hinein. 

"Das ist zu viel Loli. Du kriegst gleich Bauchweh. Und außerdem - wenn Du immer so viel isst, nimmst du voll zu. Und kannst dich irgendwann gar nicht mehr bewegen."

Sie schüttelte verärgert den Kopf. "So wie P.", sagte sie. "Kann nicht laufen. Heute nur rumliegen. Und rumschreien, voll doof. Behindert!"  

 "P hat auch Down-Syndrom. So wie Du. Und er war heut bestimmt schlecht gelaunt. Und hat eben mal nicht mitgemacht, so wie du auch öfters. Aber ich finde ihn total nett und lustig."

"Down-Syndrom voll Kacke", schnaubte sie wütend. "Will keine Down-Syndrom haben! Will keine Brille haben. Will normal sein, wie alle Kinder."

Da blieb mir kurz die Sprache weg. 

"Was ist schon normal", stammelte ich. "Viele Menschen haben eine Brille. Und ja, Down-Syndrom.  Aber Du kannst doch trotzdem alles." 

"Nein, kann nicht gut alles. Kann nich gut sprechen ich. Nicht gut gucken. Down-Syndrom kacke. Will keine Down-Syndrom habe. Down-Syndrom absetzen. Will sein wie alle Kinder."

Liebevoll nahm ich sie in den Arm. "Loli, Du bist genau so perfekt, wie du bist. Und ich hab Dich lieb, genauso wie Du bist. Und die anderen mögen Dich auch alle so, genauso!" 

Sie wehrte mich ab und schüttelte den Kopf. "Warum ich Down-Syndrom habe?"

"Ich weiß nicht", sagte ich. "Ein Zufall. Oder - vielleicht hat Gott dich auch genauso gewollt?" 

"Warum?", setzte sie hinterher. Und schaute mich fragend und fast etwas verzweifelt an. "Will Down-Syndrom absetzen.  Will nich mehr. Will normal sein."

Mittwoch, 13. November 2024

Inklusives Theater- und Tanzfestival in Leipzig

Im Theater der jungen Welt in Leipzig findet vom 30. Januar bis zum 1. Februar 2025 das "Inklusive Theater- und Tanzfestival für junges Publikum TURBO" statt. Gemacht von, für und mit Menschen mit Behinderung. 


 

 

 

 

Hier die Einladung vom TdjW:

"Liebe Interessierte an inklusivem Theater für junges Publikum,

das Programm unseres inklusiven Tanz- und Theaterfestivals für junges Publikum TURBO steht fest – und für Kitas, Schulen und Gruppen ist die Kartenreservierung ab sofort möglich!

TURBO – so heißt unser Antrieb für inklusiveres Theater, unsere Teilhabe-Werkstatt für Entdecker:innen und unsere Utopienfabrik für Veränderungen. Denn wir finden: Theater ist für alle da! An vier aufeinanderfolgenden Festivaltagen stellen wir einander die Fragen: Wie funktioniert inklusives Theater für junges Publikum? Turbo-Antrieb oder Turbo-Schnecke? Wovon brauchen wir mehr und was lassen wir hinter uns?

Vom 30.01. bis zum 02.02.2025 laden wir ins Theater der Jungen Welt in Leipzig ein: Zu Gastspielen aus dem deutschsprachigen Raum – von, für und mit Menschen mit Behinderungen, zu einer Fachtagung und verschiedenen Workshops. Feiert mit uns bei unserer Frühstücksparty und erlebt mit TURBO ein inklusives Tanz- und Theaterprogramm für junges Publikum.

Ein Großteil der Veranstaltungen sind von Künstler:innen mit Behinderungen und richten sich auch explizit an ein behindertes Publikum – zum Beispiel arbeiten sie mit deutscher Gebärdensprache oder sind für blinde und sehbehinderte Menschen konzipiert.

Alle Infos zum vorläufigen Programm findet ihr auf unserer Homepage. Das detaillierte Programm, Infos in Deutscher Gebärdensprache und in Leichter Sprache folgen Ende November. Dann beginnt auch der offizielle Vorverkauf."

 Wenn Ihr Lust habt, besorgt Euch doch schonmal Karten. Das wird bestimmt spannend. 



Dienstag, 12. November 2024

Für meinen Vater

Heute vor 13 Jahren ist mein Vater von uns gegangen. Ein Tag, der sich in mein Leben gebrannt hat. Mir den Boden unter den Füssen weggezogen hat. Mein Grundvertrauen in das Leben tief erschüttert hat. 

Wie habe ich damals all die Trauer, den Schock, den tiefen freien Fall, bewältigen können? Ich war gerade schwanger mit Pavel, Lola war drei Jahre alt und Greta fünf. So klein noch, und ich, so jung. 

Mit großer Kraft bin ich durch diese Zeit der tiefen Trauer und Fassungslosigkeit gegangen! Woher sie kam, erinnere ich nicht mehr. Kann es mir heute kaum erklären.

Ich fühlte mich innerlich getragen, von der Liebe zu meinen Kindern und einem tiefen Vertrauen. In Gott - oder welcher Kraft auch immer, die uns lenkt. Im Wissen, dass ich die Dinge nicht ändern kann. Dass ich die Entscheidung meines Vaters nicht ändern oder rückgängig machen kann. Sondern dass wir geführt werden.

Dieser tiefe Glaube und ein grosses Vertrauen in das Leben haben mich damals getragen. Sowie der Halt und die Liebe so vieler Freunde, von Kollegen, Bekannten - und damals auch den vielen Lesern meines Blogs, denen ich mich so nah und verbunden fühlte. Dass ich hier direkt über seinen Tod geschrieben habe. (Wenn auch nie über das innere Chaos, in das er mich zunächst gestürzt hat. Dafür war das nicht der Raum.)

Und ich bin heute noch zutiefst dankbar für all diese Liebe und Unterstützung, die ich damals geschenkt bekam. Und von meinem tiefen Vertrauen in das Leben, das mich und meine Kinder so gesund und stark durch diese Zeit geführt hat. Dass ich nie am Leben verzweifelt bin, gehadert habe, sondern immer mit Zuversicht nach vorne geschaut habe. Und mit grosser Fülle und Liebe gesegnet wurde. 

Und ja, auch wenn mein Vater viel zu jung gegangen ist, mit damals 68 Jahren, habe ich diese Kraft, mit Zuversicht und Optimismus nach vorne zu blicken, das Machbare in die Hand zu nehmen, immer die Fülle zu sehen und nicht das, was fehlt, von ihm geschenkt bekommen. Er hat es mir zeitlebens vorgelebt, mich bestärkt, weiterzugehen, auch wenn es aussichtslos schien. Mich ermutigt, neue Wege auszuprobieren, neue Länder zu bereisen, neue Berufe zu erlernen. Er stand immer, sein Leben lang, vertrauensvoll hinter mir. 

Und dafür bin ich ihm heute noch zutiefst dankbar. Für diese innere Kraft, diesen Glauben an mich selbst, und vor allem den Glauben an das Gute im Menschen und den Wert eines sinnerfüllten Lebens, im Dienste von anderen. Das er mir immer vorgelebt hat, auch als Arzt und Familienvater. 

Noch heute bin ich tieftraurig, dass ihn in dieser Lebensphase vor seinem Tod die Schwermut erfasst hat, er auf einmal am Leben verzweifelte und sich nicht mehr kraftvoll genug sah für die Aufgaben, die er sich selber gestellt hatte - leider viel zu groß und ehrgeizig. Dass er seine Kraft verloren glaubte, und auf einmal nur noch sah, was er nicht mehr hatte und nicht mehr konnte. Wir alle sind nicht vor Phasen gefeit, dass auch uns die Kraft, der Glaube und die Zuversicht auf einmal fehlen. Dass wir nur noch das Dunkle sehen. 

Leider hat er sich damals niemandem anvertraut. Konnte sich nicht öffnen, den Schmerz und das Zweifeln, seine Schwäche niemandem zeigen und irgendwann nicht länger ertragen. Sondern suchte neue Sicherheit - die er damals für sich nur im Tode fand. Heute noch bin ich bestürzt, dass niemand von uns das damals gesehen hat. Niemand ihm hat helfen können. 

Aber es ist, wie es ist. Ich konnte es damals nicht ändern, sondern nur annehmen, und ebenso heute. Gottes Wille? Sein Schicksal? Ein dummer Zufall? Ein Hirninfarkt? Ich weiß es nicht.  

Doch der Gedanke hilft mir immer noch, dass wir dem Leben vertrauen können. Dass es uns führt. Damals wie heute. Auch wenn mein Vater dem Leben leider damals nicht mehr vertraut hat. Wie er es jahrelang vorher getan hatte. 

Ich wünsche mir und uns allen weiterhin das tiefe warme Vertrauen in das Leben, seine Wendungen und Wirbel, seine Höhen und Tiefen, durch die es uns trägt. Wie ein Boot über das aufgewirbelte Meer. 

Was mir dabei immer sehr hilft, mich daran zu erinnern, ist das Schreiben. Und das Lesen. 

Ein Gedicht, das mir damals sehr geholfen hat, wieder neues Vertrauen zu gewinnen, in 'das Unmögliche', den Neuanfang, ist dieses wunderbare Gedicht von Mascha Kaléko.

 Resignation für Anfänger

Suche du nichts. Es gibt nichts zu finden,
Nichts zu ergründen. Finde dich ab.
Kommt ihre Zeit, dann blühen die Linden
Über dem frischgeschaufelten Grab.

Kommt seine Zeit, dann schwindet das Dunkel,
Funkelt das wiedergeborene Licht.
Nichts ist zu Ende. Alles geht weiter.
Und du wirst heiter. Oder auch nicht.

Zwischen Vergehen und Wiederbeginnen
Liegt das Unmögliche. Und es geschieht.
Wie und Warum waren nie zu ersinnen.
neu klingt dem Neuen das uralte Lied.

Geh nicht zu Grunde, den Sinn zu ergründen.
Suche du nicht. Dann magst du ihn finden.

 

Danke, Papa, dass es Dich - für mich und uns alle - gegeben hat! Dein Licht leuchtet weiter. 

Montag, 11. November 2024

Weg mit dem Kinderkram!

Am Sonntag vormittag hat Lola ausgemistet, was sie schon seit Wochen vorhatte. Sie hat sich ihre Kisten und Kästen und Schachteln geschnappt und alles in den Müll geworfen, was sie nicht mehr braucht. 

Manches erschien ihr (bzw. mir) dann doch zu schade, zum Wegwerfen oder in die Verschenkekiste legen, das kam in die Flohmarkt-Kiste.

Normalerweise hängt sie sehr an ALLEM. Will nichts wegwerfen, bewahrt selbst bekritzelte Blätter in dicken Stapeln auf. Aber an diesem Vormittag war sie wie verwandelt. Und sogar bereit, sich von so manchen lieb gewonnen Dingen ihrer Kindheit zu trennen. 

Und so wanderten alte Perlenketten, Schleichtiere, Schlümpfe, Hello Kitty -Tagebücher, ja selbst Bibi-und-Tina-Hefte in die Flohmarktkiste.

Es war sehr berührend, sie so innig und selbstversunken sitzen zu sehen. Ein Ding nach dem anderen glitt durch ihre Hand. Sie erinnerte sich, und dann legte sie es einfach entweder in den Müll, in die Flohmarktkiste oder in die Schachtel zurück. 

Nur beim Fotobuch ihrer Klasse aus den ersten acht Schuljahren blieb sie lange hängen, und schaute und schaute. Und erinnerte sich so mancher lieber Freunde und Klassenkameraden, die längst schon nicht in der Klasse sind. 

 Ja, sie wird wohl langsam erwachsen. Und beginnt sich zu lösen....

Vielleicht sollte ich mir an ihr ein Beispiel nehmen. Und mir auch einen Aufräum-Erinner-Aussortier-Tag gönnen. Mir fällt es oft schwer, mich von alten, liebgewonnenen Gegenständen und Erinnerungsstücken, Büchern, oder Klamotten zu trennen. Dabei nehme ich es mir lange schon vor, um endlich wieder frische Energie in meine Zimmer zu lassen und Raum für Neues zu schaffen, im Innen wie im Außen. 

Sie hat mir gestern wieder gezeigt, wie gemütlich so ein Tag sein kann. Voller Innigkeit und Erinnerung. Und dann  - weg damit! Einmal tief atmen und - loslassen!

Sonntag, 10. November 2024

Zwei Meerjungfrauen in der Sachsentherme

 "Was machen wir am Wochenende", fragte Lola schon am Freitagnachmittag. Denn sie will immer gerne früh planen.

Puh, chillen, dachte ich. Einfach ma nix machen, nix planen. Rumbummeln... 

Aber das geht gar nicht für Lola. "Was machen wir, Mama?", setzte sie mit Nachdruck hinterher. 

Und ja, gute Pläne und schöne Vorhaben sind ja oft eine wchtige Voraussetzung, um in der verbleibenden Zeit gut entspannen zu können. Und so überlegte ich doch mal scharf, was Lola Spass machen könnte.

"Vielleicht schwimmen gehen?", versuchte ich. 

"Ja!", jubelte Lola. "Sachsentherme". Und nach kurzem Überlegen: 'Lea fragen, mitkommen kann." 

Ja, klar warum nicht? Lea hat auch Down-Syndrom und geht in Lolas Schule. Zwar zwei Klassen unter ihr, aber sie kennen sich vom 'Schulclub'. Und die beiden verstehen sich seit ein paar Monaten wirklich gut. Und das wäre doch wirklich mal eine schöne Idee, ein anderes gleichaltriges Kind mitzunehmen.

Denn Lola hat bisher nicht so viele gleichaltrige Freunde hier vor Ort. Was wirklich schade ist. Aber so richtig hat es mit niemandem 'gefunkt' bisher. Denn leider ist Lola öfters etwas 'eigen', ruppig in ihrer Art und macht oft einfach ihr Ding. 'Genügt sich selber'.  Und oft habe ich mich bisher auch nicht genug bemüht, sie mit Gleichaltrigen zusammen zu bringen. Weil ich das eben auch immer organisieren muss.

Also, klar. Das wäre doch mal DIE Gelegenheit. Wenn Lola schon selber Lust hat. 

Und so fragte ich Lea's Mutter an, ob ihre Tochter Lust hat, und ja! Lea hatte Lust auf schwimmen, und sogar Zeit. Und Lola jubelte! 

Und so fuhren wir vorhin auf dem Weg zur Sachsentherme bei Lea zu Hause vorbei und holten sie ab. Und Lola war überglücklich! Und Lea zwar noch etwas schüchtern und zurückhaltend zu Beginn, zumal auch Pavel dabei war. Aber kaum waren wir in der Therme, schossen die beiden wie Meerjungfrauen durchs Wassser, tauchten, drehten sich, machten Handstand und sprangen vom Beckenrand, dass es eine Freude war. 

Herrlich, sie so schön mit einer 'Freundin' zusammen zu sehen.

Obgleich ich Lola, wenn ich ehrlich bin, im Vergleich zu Lea doch als recht einzelgängerisch empfand. Oft nicht gut in der Lage, auf ihre neue Freundin einzugehen, oder ein Spiel zu initiieren. Lea war da doch sozialer, zugewandter, gesprächiger. Und unglaublich gut organisiert. Schon beim Umziehen, beim Ordnen ihrer Sachen, war sie total selbständig. Wo Lola sich immer viel mehr von mir 'bedienen' lässt (und ich ihr auch immer brav helfe). 

Auch beim Duschen hatte Lea all ihre Duschsachen dabei, holte Shampoo aus dem Beutel, duschte sich ab, zog sich total selbständig alles an, fönte sich am Ende die Haare. Irre, sie brauchte wirklich KEINERLEI Hilfe von mir. Was mich wirlich baff machte. 

Und doch wieder die Frage für mich aufwarf, ob ich Lola eben doch viel zu viel helfe. Ihre Sachen aus der Tasche hole, ihr alles hinterhertrage. Ihr die Dusche anmache, die Haare einschäume. Alles Dinge, die sie super alleine kann. Wo sie aber oft so ruppig wird, wenn ich sie nicht unterstütze, dass ich es der Einfachheit halber dann doch oft mache. Und eben damit verhindere, dass sie es selber lernt. Ganz klassisch, die 'erlernte Hilflosigkeit'. Ein Begriff, den ich schon lange kenne, und doch nicht davon gefeit zu sein scheine, dass Lola genau das leider erlernt zu haben scheint.

Ach, nun bin ich in meinem Schreiben so kritisch ihr und mir gegenüber geworden. Dabei wollte ich doch eigentlich nur von dem schönen gemeinsamen Nachmittag mit Lolas neuer Freundin Lea berichten, endlich einmal! Über den ich mich so gefreut habe. Und Lola auch! Danke dafür!

Samstag, 9. November 2024

Abendstimmung am See

Nach einem gemütlichem Samstag zuhause - mit langem Ausschlafen nach der gestrigen, wirklich wilden und herrlichen Party und einer kleinen Putzaktion  - bin ich am späten Nachmittag wieder mit Lola an den Cospudener See geradelt.

In der Stadt schien der Abend einfach nur grau, neblig und ungemütlich. Und ich konnte nicht nachvollziehen, wieso Lola bei diesem Wetter schon wieder unbedingt zum See wollte.

Aber kaum dort angekommen, verstand ich sie. Es erwartete uns solch eine bezaubernde Abendstimmung, dass ich nicht bereute, im Halbdunkel durch den düsteren Auwald gefahren zu sein. Fedrige rote Abendwolken über den feinen Nebelschwaden, die über den See krochen. Zu schön....

Dummerweise hatte ich mein Handy zu Hause liegen lassen, was mich wirklich ärgerte. Wenn ich so schöne Momente erlebe, habe ich immer das Bedürfnis, sie nicht nur in meinem Kopf und meiner Seele, sondern auch mit der Kamera festzuhalten. Ein echter Tick von mir.

Als ich darüber mit Lola redete, bekam das ein junger Mann mit, der am See natürlich gerade Fotos schoss. Und bot mir an, dass ich ruhig ein paar Bilder mit seinem Handy machen könne. Und er würde sie mir dann später schicken. 

Was für ein schönes Angebot, das ich dankend annahm. Und so habe ich gerade eben ein paar wunderschöne Bilder vom Wolkenzauber über dem Cossi von ihm bekommen, und dazu sogar noch ein Bild von Loli und mir. Die ich nun hier teilen kann. Tausend Dank dafür!

Freitag, 8. November 2024

Grau

 Ein grauer Tag heute. Innen wie außen. Dabei hatte ich 'gar nicht viel zu tun'. Hätte einfach im Müßiggang die Dinge tun können, die mir Freude machen. Durchatmen, nach den letzten krachvollen Tagen. 

Aber gerade das Abspannen fällt mir oft schwer. Viele To-Do's abzuarbeiten ist manchmal leichter. Wo ich dann in den wenigen verblieben mini-engen Timeslots etwas Schönes mache, wie die Spaziergänge über die Brache. 

Breitet sich hingegen ein ganzer Vormittag vor mir aus, mit relativ wenigen beruflichen Aufgaben, schaffe ich es regelmäßig, diese wenigen Dinge gleichmäßig auf den ganzen Tag bis in den frühen Nachmittag zu verteilen. Indem ich einfach ganz ganz langsam arbeite.... Und am Ende vom langsamen Arbeiten und vielen Grübeln viel erschöpfter bin als an produktiven Tagen. 

Nun ja, so ist es wohl manchmal. 

Beim Abendbrot mit Lola habe ich sie gefragt, was sie heute Schönes gemacht hat. (Die Frage stellte ich eigentlich an mich selbst). 

"Mama, will nicht reden", brummelte sie mich an über solch eine unsinnige Frage. Überlegte dann aber doch kurz. "Du schönes kochen morgen, ja?" Und deutet auf das neue 'Tim Mälzer Kochbuch - Vierundzwanzigsieben' das ich neulich bei der Grassimesse erstanden habe. Eigentlich vor allem wegen des tollen Designs, mit Grafiken von 'Doppeldenk', einer Leipziger Künstlergruppe, die hier in der Stadt ganze Fassaden verzieren.

Ja, ich könnte wirklich mal was Schönes aus dem Buch kochen. Denn darin gibt es wirklich tolle, super leichte Rezepte. Und die "Spaghetti al Rayú" neulich, mit einer scharfen Knoblauch-Chilisosse mit einer Prise Zucker und Tomatenmark, hatte es wirklich in sich. Auch wenn die - außer mir - keiner in der Familie essen wollte. Aber ich fand's super! 

Also, was war das Schönste heute? Immer noch: keine Ahnung. 

Aber vielleicht kommt das ja noch. Immerhin bin ich jetzt auf ner Hinterhaus-Party in Lindenau eingeladen. Und vielleicht lassen wir es da gleich so richtig krachen und tanzen wild herum. Und ich hab meine ganze gute Laune und Energie für die Nacht aufgehoben. Das wär doch was!

Donnerstag, 7. November 2024

Brache im Endstadium

Bis vor kurzem ging ich jede Woche, während Lola beim Geigenunterricht war, immer auf der 'Brache' an den S-Bahngleisen spazieren.  Ein weites unbebautes Gelände, zwischen dem MDR und dem Bayerischen Bahnhof - brach liegend seit Jahrzehnten.

Wilde Rosenhecken, Birken- und Pappelwäldchen, Rainfarn und Brombeerbüsche hatten sich dort angesiedelt, die über das Jahr zu einem blühenden und oft kaum noch durchdringlichen Urwald emporwuchsen. 

Ich streifte eine halbe Stunde hindurch, hing meinen Gedanken nach, schrieb oder fotografierte. Suchte ich der Fülle der urbanen Wildnis ein Motiv, ein Detail, einen Ausschnitt, der meinen Blick fing. Und eine Geschichte für mich erzählte. Und kam wieder bei mir an. 

Ungenutztes Land, das sich die Natur mitten in der Stadt zurück geholt hatte. In der sich selbst der Müll und die Überbleibsel von wilden Festen genauso schön machten, wie die Hagebutten der Rosen gegen den stahlblauen Februarhimmel. Wo Mensch und Natur sich selber überlassen waren. Im freien Wildwuchs. 

 Ich liebte diese Auszeiten  auf 'meiner Brache'.

 Doch jetzt ist endgültig wahr geworden, was lange auf Schildern schon angekündigt wurde: das Gelände wird neu bebaut. Klar, bestes Bauland inmitten der Metropole Leipzig. 

Und in den letzten Wochen fielen im vorderen Teil der Brache die Birken- und Pappelwäldchen, der kleine Hügel wurde planiert, die Rosenhecken abgeholzt und zerschreddert, der Rainfarn verschwand. Und nunmehr ist nur noch ein weites Feld an aufgewühlter Erde vorhanden, vor dem ich letzte Woche wie fassungslos stand. 

Doch zum Glück hat sich schon ein schmaler Trampelpfad durch die Erde gebildet, zusammengedrückt  von Menschenfüßen wie meinen, die immer noch auf die Brache gehen, zum hinteren Teil, der noch wild bewachsen und erhalten ist. 

Und so laufe ich in diesen kalten Novembertagen, in der Dunkelheit, noch immer jeden Montag und Donnerstag durch dieses Stück planierter Grosstadtwildnis. Zumindest so lange noch keine Baukräne und Laster dort stehen und Löcher ausheben. 

Denn alles ist im Wandel. Es sucht sich Räume, wächst und gedeiht, bis es vergeht oder zerstört wird, um Neuem zu weichen. Das wächst und gedeiht. Und wieder zerstört wird. Es ist der Lauf der Zeit, der Dinge, der Natur. Aus Altem entsteht Neues. Und nichts bleibt, wie es war. Doch die Natur wertet nicht.

Und in mir bleiben die schönen Momente und Bilder des vergangene Jahres, auf 'meiner Brache'. Die Erinnerung an die aufblühende und vergehende Natur, mitten in der Großstadt, die sich nun woanders einen Ort suchen wird. Und ich mir neue Wege durch den Grosstadtdschungel, um wieder aufzutanken.