Montag, 21. September 2009

Perspektiven

Heute auf dem Nachhauseweg vom Elternabend (ja, dank Antibiotikum konnte ich dahin gehen) habe ich mich mit einem Vater, Thomas, unterhalten. Der im Vorstand von Perspektiven e.V. arbeitet, einer deutschen Organisation, die sich in Kinderheimen in Russland engagiert, um den Kindern dort eine Chance auf ein selbstbestimmtes Leben zu geben. Ich würde sogar sagen, auf ein Leben überhaupt. Und er erzählte mir von seiner Schwester, die vor vier Jahren einen kleinen russischen Jungen mit Down-Syndrom adoptiert hat, Sascha. Bei der Adoption war er 7 JAHRE alt. Und war etwa 70 cm lang und konnte GAR NICHTS. Die Leute schätzten ihn auf etwa 6-7 Monate, als sie ihn sahen. Er hatte sein bisheriges Leben in einem kleinen Gitterbett zugebracht!!! Im Haus 4 des Kinderheimes in Pawlowsk. Mittlerweile geht er auf eine integrative Schule in Annaberg-Buchholz und hat einfach UNGLAUBLICH viel aufgeholt, in atemberaubender Geschwindigkeit. Weil er erstmals bekommen hat, was jedes Kind zum Wachsen braucht: Liebe, Zuwendung und die Möglichkeit, sich zu entfalten, Raum, um sich zu bewegen, Licht, um zu atmen. Und natürlich all die Therapien und Förderungen, die man sich nur vorstellen kann.

Die Tatsache, dass ein Kind einfach aufhören kann zu wachsen, wenn ihm all das fehlt, das verschlägt mir noch immer den Atem. Was für einen Lebenswillen muss Sascha haben, dass er die Zustände in seinem russischen Kinderheim überhaupt solange überlebt hat!!! Irgendetwas in ihm muss an ein Wunder geglaubt haben. Und es ist eingetreten! Dank Menschen wie Thomas, die solche Vereine wie Perspektiven e.V. am Leben erhalten, und seiner bewundernswerten Schwester, die Sascha adoptiert hat.

7 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Wenn ich so etwas lese, bekomme ich eine Gaensehaut. Da hat der kleine Sascha wirklich Glueck gehabt. Wenn ich doch auch nur den Mut haette...

Liebe Gruesse
Kerstin

Maria hat gesagt…

Du scheinst ja Begegnungen und Geschichten der besonderen Art im Moment anzuziehen!

Mir stockt noch immer der Atem. Die Kraft zu haben, ein solches Kind aufzunehmen...schön, dass es doch für einige Kinder, die es Anfangs sehr schlecht getroffen haben, doch Hoffnung gibt.

Liebe Grüße
Maria

D hat gesagt…

Ich bewege mich viel auf russischen Internetseiten über DS und bin jedesmal schockiert. Ganz entsetzlich ist die Tatsache, dass fast jede Frau in Russland darüber berichtet, wie sie gleich nach der Bekanntmachung der Diagnose dazu gedrängt wurde, ihr Kind im Krankenhaus zu lassen (eben für die Karriere Kinderheim - Behindertenheime). Fast jede Frau, in großen russischen Städten, dass muss man sich vorstellen. Statistiken darüber, wie viele Kinder mit DS geboren wurden, fehlen wohl ganz. Ich habe eine große Achtung für diejenigen (und das sind auch nicht wenige), die auch während des ersten Schocks so massiv unter Druck gesetzt wurden und ihr Kind trotzdem behalten wollten - mit fehlenden Aussichten auf soziale Integration und sehr bescheidenen Bildungsperspektiven. Horrorartige Zustände.

Hallo! Ich bin Leander. hat gesagt…

Ich bekomme auch eine Gänsehaut, wenn ich das lese. Zum einen, weil ich so froh bin, dass Sascha eine so wundervolle Chance bekommen hat, und zum andern, weil ich gar nicht daran denken möchte, wie viele arme Würmchen noch unter solchen Umständen leben, oder besser dahin vegetieren müssen.
DANKE, allen Eltern, die Kindern wie Sascha ein Zuhause und eine Chance geben!!!!!
LG,
Sabine

Anonym hat gesagt…

hallo ihr lieben!

mich hat dieser bericht auch sehr berührt. wir haben einen außergewöhnlichen:) sohn und haben bereits zwei anläufe gemacht, ein kind aus der ukraine zu adoptieren, das ds hat und über dem wortwörtlich das todesurteil schwebt, da es bereits älter ist und bald in so eine institution verlegt werden würde, in welcher diese kinder meist maximal ein jahr überleben. über die zustände dort macht ihr euch kein bild, stellt euch das schlimmste vor und es reicht nicht, die grausamkeit zu erfassen... es ist mehr als zum heulen!!
leider ist unser tolles deutsches rechtssystem eine katastrophe, zuständige adoptionsvermittlungsagenturen schreiben mir, nach "sorgfältiger" recherche wüssten sie jetzt, dass deutschland einer adoption von kindern mit ds nicht zustimmt. aha. außerdem habe es eine solche anfrage, konkret nach einem kind mit besonderheit, noch nicht gegeben. aha, schade. die oberste staatliche behörde in deutschland für auslandsadoptionen könnte einer übertragung der vermittlung durch spezielle agenturen, die das retten solcher kinder als grundlage haben, zustimmen. machen sie nun aber nicht. ein LANGWIERIGES prüfverfahren sei notwendig usw. usf. inzwischen ist das kind tot. auf die frage nach adoption und ds mal gar nicht erst bezug genommen. ach mensch, hier hört man den frust, nicht wahr?
falls also jemand dies liest und schon einen besseren info-stand hat als ich, es wäre toll, mehr zu erfahren!
toll, amelie, worüber du alles schreibst, hat grad genau meinen schmerzhaften punkt getroffen...
einen schönen tag noch!
j.

amelie hat gesagt…

Liebe J.,

gräßlich dieser bürokratiekrieg, gerade wenn es um das leben von kindern geht. wende dich doch einfach mal an den verein perspektiven. auf der kontakt seite, unter http://www.perspektiven-verein.de/kontakt/index.php?id=16 findest du die daten von thomas seifert, dem vorstandsvorsitzenden, der mir das alles erzählt hat und dessen schwester sascha adoptiert hat. er weiß bestimmt viel hilfreiches. damals war es auch sehr schwierig, aber sie haben es hingekriegt. er hilft euch bestimmt gerne!!!

liebe grüsse,
amelie

rebis hat gesagt…

Liebe Amelie,

danke, dass Du davon erzählst, auch wenn man angesichts solcher Unmenschlichkeiten am liebsten die Augen verschließen möchte.
Ich war auch oft in Russland, habe einmal bei einem ähnlichen Verein wie Perspektivy einer ist gearbeitet, denke und dachte ich kenne da so manches - aber es ist immer noch schlimmer als man es sich vorstellen kann :-(
Als ich am Montag voller Erschütterung Deinen Post las und - unabhängig davon - nach Herbstfotos suchte, griff ich (unbewusst?) in meine Petersburg-Fotokiste, um mich meinen Erinnerungen mal wieder auszusetzen, ich habe dann ein wenig davon aufgeschrieben, erstmals ...
Danke für den Erinnerungsanstoß.

Und danke überhaupt für Deinen Blog, in dem ich so manchmal lese und Gedanken mitnehme über den Umgang mit meinen Kindern, die obwohl "Normkinder" (blödes Wort), doch in ihrem Entwicklungstempo in einigen Bereichen gern die rote Laterne an sich reißen. Respekt für das, was Du an Geduld aufbringst - ich schneide mir da mal eine Scheibe ab.

Lieben Gruß
Uta