Und heute, möchte ich diesen Text mit Euch teilen. Weil er so viel über Leonard Cohen sagt. Aber noch viel mehr über meinen Vater. Der vor genau 5 Jahren gestorben ist.
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Leonard Cohen am Wochenende zur Deutschen Einheit
Der
Besuch der Feiern zur Volljährigkeit des wiedervereinigten Deutschland waren
schon auch ein Anlass für uns gewesen, nach einem bayrisch-schwäbischen
Wochenende schnell wieder nach Berlin in unsere neue-alte Heimat zu kommen.
Aber der feierliche Rahmen zwischen Siegessäule und Brandenburgertor mit den
bekannten Fress- und Saufbuden unterschied sich nur marginal von vorhergehenden
Ereignissen und weitergehende Informationen zum Anlass des Festes konnten wir
auch nicht finden. Schade, schade. Nur arm an Hingabe und auch nicht sexy
stellte sich hier Wowis Berlin dar,
... aber da war ja noch Leonard Cohen und die O2-Arena in Friedrichshain.
Mein Bauchgefühl vor der Veranstaltung war zumindest
indifferent. Da erwarte ich einen Meister der leisen Töne und eher verhaltene
Rhythmen, den lange dunkel depressiven Poeten, über Jahre im buddhistischen
Kloster Entschwundenen, nun plötzlich auf einer Welttourneé aus Gründen akuten
Geldmangels nach Betrug durch eine Managerin, die mal eben 5 Mio USD verbraten
hatte.
Und ich finde eine knackvolle Arena mit 12000 Zuhörern in
einer Kollektion, die man in dieser Menge eigentlich nie antrifft. Kein Krach,
kein Krawall, offene erwartungsvolle Gesichter. Ein freundlicher Herr – eine
Reinigungskraft muss man wohl sagen - bemüht sich die Spuren eines umgefallenen
Wasserbechers zu beseitigen – das habe ich ehrlich noch nie in einer derartigen
Umgebung erlebt.
Nun bin ich kein erklärter LC-Fan und kenne weder seine
Poesie noch seine Lieder näher, kann wohl manche bekannte Lieder mitsummen, verzichte ziemlich schnell die Texte verstehen
zu wollen und gebe mich ganz dem Erlebnis der Stimme und der Körpersprache hin.
LC wirkt zart und fast gebrechlich, seine Bewegungen machmal
fast tapsig auf der Bühne, die schlanken Hände sind schon vom Muskelabbau des
Alters gezeichnet. Wenn er wie alle Bandmitglieder als Markenzeichen den Hut
trägt, dann wirkt er fast maffiös, aber jedesmal wenn er wie so häufig den Hut
abnimmt, dann erstrahlt ein fast jungenhaftes, schelmenhaftes Gesicht, das mit
großen Augen das riesige Interesse der
12000 fast amüsiert und dankbar erlebt. LC nimmt sehr häufig den Hut ab. Bei
jedem Solo seiner Bandmitglieder lauscht er andächtig, nimmt den Hut vor die
Brust und freut sich mit uns über ausdrucksvolle Soli, wunderbare Musik. Zuerst
dachte ich, es sei nur eine ungewohnte Art, seine Band vorzustellen. Zumeist
passiert das ja am Ende und nicht am Anfang.
Aber nein, das ging im gesamten Konzert so. LC konnte andächtig
vor dem Flamencogitarristen und seinen stimmungsvollen Soli knien, um dann
Stimme und Körper gemeinsam für die Fortführung der Botschaft zu erheben.
Und dann diese dunkle Stimme, die wohl erst in den letzten Jahren
eine unverkennbare Rauigkeit gewonnen hat mit unnachahmlicher
Modulationsfähigkeit und Dynamik. So hockt er oft mit gekrümmtem Rücken am
Boden, haucht mit geschlossenen Augen Verse in das Mikro, das er zumeist mit
der linken Hand zu Seite abdeckt, um sich konkordant zur Intensität seiner
Botschaft bei langsam stärker werdender Stimme zu erheben und dann in voller
Größe höhere Stimmlagen zu erreichen, die dann als Abschwung eines
Spannungsbogens rasch wieder abfallen.
Dieses Zusammenspiel von Körper und Stimme fasziniert mich
ungeheuer, es ist in der Tat „ body and soul“. Das ist wohl das besondere und
einzigartige eines Life-Konzertes, das man durch keine Aufzeichnung bewahren
kann. Dazu gehört natürlich auch die Reaktion des Publikums, das spätestens die
fünf Zugaben als „standing ovations“ zelebriert. Gebannt lauschen wir der
Botschaft eines weisen musikalischen Genies, der in seinem langen Leben als
Lyriker, Schriftsteller, Folksänger und zwischenzeitlicher Mönch das Leben in
voller Breite gelebt hat und uns amüsiert lächelnd an seinen Erkenntnissen teilnehmen
lässt.
Die letzte Zugabe hören wir von der Band a capella, sie
stehen da in einer Kette Arm in Arm und LC schenkt uns ein letztes Lächeln :
Good bless you, good luck!
Und dann verläßt er nach 3 Stunden wahrhaft anstrengenden
Konzertes die Bühne nicht etwa würdevoll gemächlichen Schrittes, nein, er hüpft
wie ein junges Reh über die Bühne die Treppe hinunter und davon, lacht ,
schwenkt fröhlich winkend seinen Hut, wohl neuen Konzerten entgegen.
Mario Adorf soll gesagt haben:
Ein Mann ist dann erfolgreich, wenn er immer etwas mehr Geld
verdient, als seine Frau ausgibt. Eine Frau ist dann erfolgreich, wenn sie
einen derartigen Mann gefunden hat.
Diese wichtigen Zusammenhänge haben uns einen wunderbaren
Abend beschert.
Von PM (ProfMahlstedt).
Von PM (ProfMahlstedt).