Freitag, 11. November 2016

Von der anderen Seite

Es sind dunkle Zeiten. Dunkelheit auch in mir. Ich wollte, es wäre anders.

Gestern auf dem Fahrrad wurde mir ganz traurig. Und ich dachte, wer denn noch lebt, in dieser Zeit. Der etwas von dem Licht in sich trägt. Ein Mensch von Größe. Ein Mensch, der mir ein Vorbild sein kann. Bei dem ich Liebe spüre, echtes Engagement und Hingabe. Ein Mensch, der für etwas steht. Immer seltener anzutreffen in diesen Tagen. In dieser Zeit.

Leonard Cohen. Dachte ich. Leonard Cohen ist so ein Mensch. Der mit seiner Stimme tief ins Gefühl dringt. Mit seinen Worten etwas Göttliches streift. Leonard Cohen, den mein Vater kurz vor seinem Tod auf einem Konzert in Berlin gesehen hat. Und wie verwandelt war davon.

Der mir - gerade 17 Jahre alt - den ersten langen Frankreichurlaub hinweg das Gefühl gegeben hat, auf der anderen Seite zu stehen. Während wir Dosennudeln aus der Mikrowelle aßen und uns tief in die Augen schauten. Und Cohen sang 'Suzanne takes me down'...

Leonard Cohen, ist so ein Mensch, dachte ich. Gestern auf dem Fahrrad. Und dass ich ihn sehen will, noch einmal sehen. Bevor auch er stirbt. Ihn spüren. Seine Nähe, seine Kraft und Weisheit. Hinter diesen Worten, die ich nicht greifen kann. Die mich aber verwandeln.

Und heute morgen schlage ich die Zeitung auf. Und lese: Leonard Cohen ist tot.

Und da ist endgültig etwas in mir zerbrochen. Und die Tränen sind aus mir geflossen. Tränen, die ich sa lange schon zurück gehalten habe.

Um Leonard Cohen. Um meinen Vater. Um all die Großen. Die gestorben sind in diesen Tagen, Wochen, Jahren.

Die uns voraus gegangen sind. Und uns zurück gelassen haben. In dieser Welt.

Für die nun wir die Verantwortung tragen. Wir allein.

Und wenn ich mich umschaue, dann weiß ich. Dass es Zeit ist, diese Welt wieder zum Leuchten zu bringen. Auch wenn ich noch nicht weiß, wie. Und woher ich die Kraft nehmen kann.

Vielleicht von der anderen Seite.

Doch wer, wenn nicht wir. Wer, wenn nicht ich.

Diese Zeilen für meinen Vater. Und für Cohen. In Liebe.

"It's over now
the water and the wine.
We were broken then,
now we're borderline.
I wish there was a treaty
I wish there was a treaty
between your love and mine."

Die letzten Zeilen aus Leonard Cohen's letztem Album. "Darker than me".

2 Kommentare:

Maria-B. Müller hat gesagt…

Ich bin tief berührt über diese sanften, ehrlichen Worte. Dankeschön!

Elisabeth J.-S. hat gesagt…

Danke für den Post
auch wenn ich ihn erst heute gelesen habe, er berührt
liebe Grüsse
Elisabeth