Sonntag, 19. September 2010

Welche Schule für mein Kind?

Ich war am Wochenende auf einem hervorragenden Seminar der Lebenshilfe Bundesvereinigung in Marburg, zum Thema 'Welche Schule für mein Kind?" Das Seminar stellte die verschiedenen Schulen vor, auf die "Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf" gehen können, von der Förder-/Sonderschule über Außenklassen in Regelschulen bis zu "Inklusiven Schulen", letzteres am Beispiel der Sophie-Scholl-Schule in Gießen.



Ich fand es sehr schön und hilfreich, dass sich das Seminar nicht eindeutig nur für Inklusive Schulen ausgesprochen hat, auch wenn die UN-Behindertenrechts-Konvention Deutschland verpflichtet, das bisherige Schulsystem zu einem flächendeckenden inklusiven System weiterzuentwickeln. Aber noch ist es nicht so weit, und es kann nichts bringen, ein Kind mit Druck in eine Regelschule reinzupressen, wenn es keinen guten Integrationshelfer hat und hoffnungslos untergeht. Da kann eine gute Förderschule viel besser sein, weil man hier gut ausgebildete Pädagogen hat, kleine Gruppen etc.. Das merkte auch einer der Vortragenden , Dr. Dworschak aus München an, "egal wie gut die Rahmenbedingungen, am Ende kommt es doch immer auf die individuelle Lehrkraft an, die mein Kind unterrichtet. Und ein hervorragender Lehrer an der Förderschule kann in diesem Falle mehr wert sein als ein schlechter Klassenleiter an einer noch so tollen Integrativen Schule."

Als kleiner Einblick, hier einige Vor- und Nachteile von Förder- vs. Integrative Schule: die Förderschule, auch wenn ihr Ruf nicht immer der Beste ist, bietet immer noch sehr gute individuelle Fördermöglichkeiten durch die kleinen Klassen und kann den Kindern ein positives Selbstkonzept vermitteln, dadurch dass sie sich in einem geschützen Rahmen bewegen können. Auch lebenspraktische Kompetenzen (Einkaufen, Kochen, etc.) werden hier sehr gut vermittelt. Auf einer integrativen Schulform hingegen lernen die Kinder deutlich mehr fachliche Inhalte, können sich von den anderen viel abgucken und lernen auf jeden Fall sich realistisch einzuschätzen, was aber nicht immer positiv sein muss (denn manch ein Kind leidet auch darunter, mit den anderen nie und nimmer mithalten zu können). Auch bekommen sie dort oft keine so intensive individuelle Förderung.

Und doch bin und bleibe ich ein Befürworter der Inklusiven Schule und kann mir nicht vorstellen, dass Lola eines Tages auf eine Förderschule geht. Oder anders gesagt, ich will dass sie zusammen mit den anderen Kindern aus der Nachbarschaft, den behinderten wie den nicht-behinderten, lernen kann - in ihrem Tempo. Natürlich kann das nicht die Regelschule um die Ecke sein, sondern eine Schule, wo der Unterricht offen ist und auch sehr anschaulich gestaltet und wo individuelle Lerngeschwindigkeiten möglich sind. So wie die wunderbare Sophie-Scholl-Schule. Nur leider leider gibt es diese Schule noch nicht in Leipzig....

Damit sich das ändert, sind wir als Eltern nun gefragt: Druck zu machen, Forderungen zu stellen, uns zu organisieren. Das haben die Veranstalter immer wieder betont: 'Wenn Sie etwas verändern wollen, dann müssen Sie als Eltern es selber in die Hand nehmen. Sie müssen aufstehen und für Ihr Recht kämpfen!"

Fast alle guten integrativen Schulen, Außenklassen und Kooperationen sind auf den Druck von Eltern hin entstanden, die sich nicht mit dem Bestehenden haben abspeisen lassen. Es gilt also, sich zu organisieren, mit anderen Eltern zu vernetzen, Erfahrungen auszutauschen und die Möglichkeit einer integrativen Beschulung unserer Kindern hier in Leipzig und überall sonst in Deutschland voranzutreiben!

2 Kommentare:

Gabriela hat gesagt…

Oh, ich habe mir diesen Film mit Gänsehaut angeschaut.
Liebe Amelie, ich wünsche dir ganz viel Kraft und Energie, für das zu kämpfen, was du als richtig spürst.
Danke, dass du uns an deinem Ringen teilhaben lässt.
Ganz lieben Gruss
Gabriela

Beatrix hat gesagt…

Danke, Amelie, dass du uns an deinen intensiven und guten Überlegungen teilhaben lässt! Als Förderschullehrerin freue ich mich auch besonders, dass du auch auf die Vorteile einer Förderschule für einige Kinder hingewiesen hast. Allzu oft bekomme ich Kinder , die allzu lange in einer integrativen Klasse geblieben sind und sich dort so haben entmutigen lassen, dass es ein halbes Jahr oder mehr braucht, um ihr Selbsbewusstsein wieder aufzubauen (Inklusion ist bei uns in Niedersachsen nur erst ein schlagwort ...).

Alles Gute für Euch, und alle guten Wünsche, dass sie Lola weiter so wunderbar entwickelt!
Beate