Wozu sonst leben wir denn? Um das Leben, wovon wir schon immer träumen, zu leben!!! Wir haben nur dieses eine!
Wie lange schon nähre ich diesen Wunsch in mir, diese Sehnsucht, die Begierde, endlich die Dinge tun zu dürfen, die mir Spaß und Freude machen! Und möglichst nur die, und mit ganzem Herzen! Lachen und tanzen und schreiben und zeichnen und große Feste feiern und große Gelage und mich verlieren in den Geschichten in meinem Kopf und sie nieder zu schreiben. Und auf wilde Konzerte zu gehen und in der Musik zu schwelgen und mein Herz springen zu fühlen und meine Beine und Arme zu spüren, wie sie sich von ganz alleine bewegen. Und über die Berge zu wandern, durch den Regen und die Hitze, bis die Beine mich nicht mehr tragen, aber der Kopf frei und leer gepustet sich ganz leer und voll zugleich anfühlt. Mit den Kindern im Morgengrauen am Strand zu sitzen und Muscheln in großen Säcken zu sammeln und dann doch am Flughafen zu vergessen. Das Leben zu leben, in jedem Moment, mit seiner ganzen Lust und Fülle. Ohne Angst, dass es morgen schon wieder alles vorbei sein könnte. Weil es morgen wirklich schon wieder vorbei sein könnte. Ohne dass wir das Leben, was wir immer leben wollten, gelebt haben!
In dieser ersten Nacht als Lola geboren wurde. In diesen ersten Stunden nach ihrer Geburt, als ich ganz allein war mit dem Gedanken, dass sie einen besonderen Chromosomensatz haben könnte und ich mich mitten in einem Alptraum befand, der überhaupt nicht aufhören wollte. Da kam er mir zum ersten Mal dieser Gedanke, dass genau darin doch vielleicht eine Chance liegen könnte. DIE Chance, MEINE Chance. Mein ganzes Leben auf den Kopf zu stellen. Alles zu ändern. All das quälende, abtötende, depressiv machende meines Berufs in der Wissenschaft an den Nagel zu hängen. Endlich ganz andere Dinge machen zu dürfen. Mein Glück nicht mehr in der Wissenschaftskarriere zu suchen, in diesem ehrgeizigen Betrieb, der sich selbst ausbeutenden Analysemaschinen, sondern endlich meinem Herz zu folgen. Seinen Rufen. Ja, das klingt pathetisch. Aber so war es. Und so ist es.
Aber ich hab es nicht gemacht. Bis jetzt hab ich es nicht geschafft. Hab alles gesehen, alles gefühlt, was im Leben möglich ist. Wie es sich anfühlen kann, seinen Traum zu leben. Im Moment zu sein. Jeden Tag zu einem Fest zu machen. Aber ich hab mich nicht getraut. Hab mich nicht getraut, dass was mir kurz nach Lolas Geburt so klar und deutlich vor Augen stand, einfach umzusetzen. Mein Leben zu leben. Meine Leidenschaften. Meinen Traum.
Hab weiter nur die Wenn's und Aber's in mir genährt, mir wieder Jobs in der Wissenschaft gesucht, meine Pflicht getan, funktioniert im Zahnrad der Wissensindustrie. Mit wichtigen und politisch relevanten Fragestellungen, mit sehr spannenden Daten, mit hohem Prestige und guter finanzieller Sicherheit. Aber mein Herz, meine Lust, meine Leidenschaft ist Stück für Stück abgebröckelt. Bis nur noch trockener Neokortex übrig war und all das Gefühl zum Leben alle Richtung verschwunden war.
Da stand ich dann letzte Woche.... Im freien Fall. Und musste die Reißleine ziehen....
Und was hat mir derart die Augen geöffnet?
Die Lesung! Meine eigene Lesung. In Quedlinburg. Mein eigenes Buch. 'Lolas verrückte Welt'. Ich hab daraus vorgelesen, über die erste Nacht und meine Erkenntnis. Und meine ersten Filme im Kopf. Und meine Gedanken darüber, worum es denn eigentlich geht im Leben und was mich Lola alles darüber lehren kann... Ich hab aus meinem eigenen Buch vorgelesen, wie aus einem Fremden. Und mich plötzlich an all das erinnert, was ich schonmal gedacht und gewusst habe. Aber längst wieder vergessen habe. Im Alltag der Lern- und Leistungsgesellschaft und über meinen eigenen vollkommen überhöhten Ansprüchen.
Und da war es plötzlich wieder, das Gefühl, wie es sich anfühlt, wenn ich meinem Gefühl folge, meiner Intuition, meiner Lust. Und einfach vertraue, dieser Stimme in mir, dieser feinen, weichen, leisen. Und diese krächzende, quietschende Stimme meines Verstandes, der mir immer alle negativen Ausgänge und Gefahren und Schwierigkeiten und Probleme vorhält, einfach ignoriere.
Ich will und werde endlich das Leben leben, wozu ich wirklich Lust habe. Was jeden Moment wieder mich mit Spannung erfüllt, mit Vorfreude, mit echter Leidenschaft. Will und werde meinem Gefühl vertrauen. Das tun, wozu mich meine Leidenschaft treibt. Lesen, Vorlesen, Singen, Erzählen, Schreiben und Schreiben lassen, Reisen und Schauen und noch weiter schauen. Und dabei vertrauen, dass sich ein Weg findet (damit auch eine Familie zu ernähren).
Denn es gibt ihn. Diesen Weg.... Da ist er schon! Ich habe ihn nur noch nicht gesehen, vor lauter Wenn's und Aber's...
7 Kommentare:
ja, Amelie, ja.ja.ja! Danke für's erinnern! ;-)
Ja, wir müssen uns nur trauen etwas anderes zu denken und dann zu handeln. Ich bin gespannt. Ich bin auch gerade auf dem Weg zu Veränderungen.
Liebe Grüße, Roswitha
genau so ist es!!!!
freudigen gruss zu dir hin
christina
Deine Zeilen machen Gänsehaut. Viel Glück auf Deinem Weg....
Dein "ja" ist so gut!
Elisabeth
Danke!!!!!!
Du tust mir gut. Mit dem Reißleinentext und dem Text jetzt hier... sie begleiten mich ein Stück in den Tag...
finde ich super, dass du die Reißleine gezogen hast.
Mir wird es auch gerade, immer mehr bewusst, dass ich nur dieses eine Leben habe.
Und weil ich mehr und mehr merke, dass ich in dem Beruf, den ich gerade studiere, nicht für immer arbeiten will, werde ich noch eine Ausblidung hinterhermachen.
LG aus Leipzig, nach Leipzig.
Hallo Amelie!
Ich lese schon sehr lange deinen Blogg, weil ich dich irgendwann einmal gekannt habe und erst nur neugierig war und dann einfach begeistert von dem was du schreibst. Bisher habe ich mich noch nie geäußert, aber dein letzter Eintrag spricht mir derart aus der Seele, dass ich dir dafür einfach mal DANKE sagen wollte. Ich hoffe, ich bringe auch irgendwann mal den Mut auf, wenigstens ein klein wenig die Reißleine zu ziehen. Bis dahin lese ich weiter mit etwas Neid deine Texte. VG, Claudia (Grundschule Niederndorf)
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